Eigentlich war das Bäuerinnenforum mit dem Titel «Vielfältige Herausforderungen − für die Zukunft kämpfen» auf November 2020 geplant gewesen. Die Organisatorinnen von der Kommission Frauen in der Landwirtschaft des VTL hatten lange gehofft, den Anlass im Restaurant Trauben in Weinfelden durchführen zu können. Letzten Endes fand er dann doch auf dem virtuellen Weg statt. Und zwar am 26. April mit Urs Schneider, Stv. Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV) als Gastreferent.

Landwirtschaft ist Opfer des Zeitgeistes

Der Titel «für die Zukunft kämpfen», sei ein schwieriges Thema, denn es gebe derzeit viele Herausforderungen zu bewältigen, begann Urs Schneider. Wenn man über landwirtschaftspolitische Themen rede, müsse man sich immer vor Augen führen, dass der Grossteil der Flächen in der Schweiz durch Bäuerinnen und Bauern bewirtschaftet wird.

Schneider hob hervor, dass die Landwirtschaft, auch wenn ihr Anteil am Bruttoinlandprodukt mit 0,6 Prozent auf den ersten Blick tief ist, ein wichtiger Teil der Wirtschaft ist. 150'000 Arbeitsplätze gibt es in der Landwirtschaft, hinzu kommen weitere 160'000 Arbeitsplätze in den direkt vor- und nachgelagerten Bereichen. Und doch gibt es nur noch etwa 50'000 Bauernfamilien hierzulande. «Wenn man von Landwirtschaft spricht, geht es auch immer um Menschen, die mit Freude und Mut ihren Beruf ausüben, die aber auch Sorgen und Nöte haben.»

Langfristig angelegte Abstimmungskampagne

Die Einstellung der Schweizerinnen und Schweizer gegenüber der hiesigen Landwirtschaft ist laut Schneider recht gut. Aber es ist längst nicht alles in bester Ordnung. Trotz hervorragender Grundsympathie, wird die Landwirtschaft in verschiedenen Sachthemen kritisiert. «Die Landwirtschaft ist zu einer Projektionsfläche für Wünsche und Erwartungen geworden», stellt Schneider fest. «Dies manifestiert sich in einer noch nie da gewesenen Initiativ-Flut.»

Damit kam Urs Schneider auf die Abstimmung über die Pflanzenschutz-Initiativen zu sprechen. Der SBV fahre bewusst eine Langfriststrategie, so Schneider. Diese bestand aus der Kampagne «Wir schützen, was wir lieben», den roten «2 x Nein-Fahnen» und nun im letzten Teil aus der Abstimmungskampagne mit dem Ast, an dem gesägt wird. Die Strategie dahinter: Möglichst viele zu Betroffenen machen und die Initiativen bewusst in eine Ecke stellen. «Wir dürfen feststellen, dass es in die richtige Richtung geht. Aber natürlich müssen wir bis zum Schluss voll dran bleiben.» Er bedankte sich bei der Basis für das grossartige Engagement und dass sich alle so ins Zeug legen. 

Bereit, für Qualität zu bezahlen

Wenn man einen Blick in die Zukunft werfen wolle, müsse man sich vergegenwärtigen, was die Schweizer Bevölkerung wolle. Urs Schneider sieht die Chancen in der Qualität, die halt mehr kostet, und in der Regionalität. «Wir sind gut aufgestellt. Das beweist die hohe Akzeptanz in Parlament und Bevölkerung für den Zahlungsrahmen.»

Wo die Chancen für den einzelnen Betrieb lägen, sei schwierig zu sagen. Schneider rät den Bauernfamilien, regelmässig eine Situationsanalyse zu machen, an der Betriebsstrategie zu arbeiten und diese weiterzuentwickeln. Es lohne sich, für seine Perspektiven einzustehen und dafür zu kämpfen, hob Schneider hervor. «Wenn wir das gut machen, wird die Gesellschaft den Wert von Lebensmitteln und die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern wieder mehr schätzen.» Aus Sicht des stellvertretenden SBV-Direktors bräuchte es wieder etwas mehr «Gut gibt’s die Schweizer Bauern.»