Viele Anrufe beim Sorgentelefon gelten den Schwiegermüttern. Dies leider im negativen Sinne. Ich persönlich hatte eine sehr liebe und weitsichtige Schwiegermutter. Sie wurde früh Witwe und hat den Betrieb mit ihren Kindern weitergeführt. Mein Mann, der älteste Sohn, hat früh mitgeholfen und die Schwiegermutter hat ihm – trotz der vielen Arbeit – die Ausbildung als Landwirt ermöglicht.
Kritische Geschwister
Als ich in die Familie kam, gerade 18 Jahre alt, waren es eher die Geschwister meines Mannes, die kritisch waren. Auch meine Schwiegermutter hatte ihre Bedenken, obwohl ich aus einer landwirtschaftlichen Familie kam. Doch sie nahm mich, wie ich war. Sie zeigte mir, wie sie es gemacht hat, akzeptierte aber auch, wenn ich etwas veränderte.
Zum Beispiel im Garten: Sie hatte einen «ordentlichen» Garten. Hier die Rüebli, da den Lauch, dort den Salat. Ich aber machte Mischkultur. Aus ihrer Sicht brachte ich Unordnung in den Garten. Ich habe ihr erklärt, dass so die Schädlinge ferngehalten werden und ich daher kein «Gift» brauche. Wir haben uns gegenseitig zugehört. Die Ernte im Herbst gab mir recht.
Offene Gespräche
Ich schätzte es, dass sie offen mit mir sprach und nicht hinter meinem Rücken klagte – so hatte ich die Gelegenheit, meine Ansichten zu erklären. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Ich habe die Bedenken der Schwiegermutter ernst genommen und sie liess mich machen. Auch wenn ich manchmal scheiterte, so war ich nicht zu stolz, Fehler zuzugeben, und gestand auch ein, wenn sie recht gehabt hatte.
Solange sie gesundheitlich konnte und wollte, haben wir die Arbeiten auf dem Betrieb klar eingeteilt. Jeder hatte seine Aufgabe und seinen Arbeitsbereich und sie hatte ihren eigenen Garten. Da konnte sie wirken, wie sie es sich gewohnt war. Wir wohnten nicht Tür an Tür, aber es war uns wichtig, sie in die Familie einzubeziehen. Besonders im Sommer, wenn es viel zu tun gab, war ihre Hilfe wertvoll, und wir besprachen gemeinsam die Aufteilung.
Wertschätzung bekommen
Mit zunehmendem Alter konnte meine Schwiegermutter weniger mithelfen, was für sie schwer zu akzeptieren war. Die Kinder haben ihr dann etwa mit den Hühnern geholfen. Sie genoss es, mit den Grosskindern zu arbeiten. Mit Stolz hat sie den Kindern alles erklärt und ihnen auch gezeigt, was man mit den Eiern kochen kann. Die Schwiegermutter bekam Wertschätzung. Das finde ich wichtig.
Auch mein Mann ging regelmässig vorbei, als sie nicht mehr auf dem Betrieb mithelfen konnte. Er berichtete ihr, wie es so lief und was bei uns gerade anstand. Er erklärte ihr, welche Kuh wann abkalbte und wie viele Kälber es schon gegeben hatte. Sie freute sich immer über unsere Besuche.
Ich danke meiner Schwiegermutter und wünsche allen Schwiegertöchtern und -söhnen, dass auch sie einen Grund haben, ihrer Schwiegermutter zu danken – und natürlich auch umgekehrt.
Das Team vom Bäuerlichen Sorgentelefon ist für Sie da; rufen Sie uns an. Tel. 041 820 02 15.Montagvormittag (8.15–12 Uhr), Dienstagnachmittag (13–17 Uhr) und Donnerstagabend (18–22 Uhr). www.baeuerliches-sorgentelefon.ch