Mit Setzhölzern bewaffnet steht ein knappes Dutzend Personen auf dem Feld in Muhen. Die Erde ist zu Dämmen angehäuft. Eine schwarze Folie, in regelmässigen Abständen mit Schlitzen versehen, bedeckt die Erde. Mit den Setzhölzern bohren die Mitarbeiter Löcher durch die Einschnitte in die Erde und setzen die kleinen Erdbeerpflanzen ein.
Stets auf dem Feld
Luzia Lüscher steht neben dem folienbedeckten Damm. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie die Truppe an diesem Samstagnachmittag aufs Feld bestellt. "Der Boden ist noch etwas nass vom gestrigen Regen. Darum ist es wichtig, dass du mit dem Setzholz keine Drehbewegung machst. Sonst verklebt der Boden und die kleinen Wurzeln können die Pflanze nicht optimal mit Nährstoffen versorgen", erklärt sie einer Mitarbeiterin. Auch die Landwirtin selber hilft mit. In der Pflücksaison ist sie täglich auf dem Feld, pflückt und schaut, dass die Arbeiten klar an die rund 15 anwesenden Pflückerinnen verteilt sind. Derweil geht ihr Mann Christian anderen Hofarbeiten nach oder hilft mit.
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Zusammen mit seiner Frau Luzia und einem Praktikanten führt Christian Lüscher einen vielseitigen Betrieb in Muhen. (Bild lid)
Zum Betrieb
Lüschers führen einen 27.5 Hektar - Betrieb im aargauischen Muhen. Mit der Unterstützung eines Praktikanten produzieren sie nebst den Erdbeeren Kartoffeln, Silomais, Futterweizen und Naturwiesen für das Vieh. Zusätzliche Standbeine sind die Schweinemast und die Milchproduktion, die in einer Tierhaltungsgemeinschaft organisiert ist. Produkte vom Hof werden im Hofladen angeboten.
Alleine läge es nicht drin
Gemeinschaften mit Landwirten aus dem Dorf machen die Vielseitigkeit des Betriebs möglich. So hat Christian Lüscher zusammen mit einem Berufskollegen einen neuen Traktor angeschafft. Selbst für die Nutzung der Felder spannt er mit anderen Landwirten aus dem Dorf zusammen. Erdbeeren müssen jedes Jahr oder jedes zweite Jahr ersetzt werden. Grund dafür ist, dass die Pflanzen bei längerer Nutzung so kleine Früchte produzieren, dass sie für den Abnehmer nicht mehr interessant und daher wirtschaftlich für den Produzenten nicht mehr rentabel sind. Lüscher ersetzt seine Früchte jedes Jahr. Nach einer Saison braucht das Feld eine Erdbeer-Pause von 3 Jahren. Weil Christian Lüscher zusätzlich Kartoffeln anbaut, die sich in der Fruchtfolge nicht mit den Erdbeeren vertragen, braucht er viel Land. So spannt er mit dem Nachbarn zusammen und nutzt dessen Land für die Erdbeersaison.
Nach der Ernte ist vor der Ernte
Mitte Mai bis Mitte Juni konnten Lüschers ihre Erdbeeren ernten, das Selbstpflück-Feld war noch eine Woche länger offen. Direkt nach der Ernte entfernte der Landwirt mit dem Schüttelgraber die schwarze Folie, die die Erdbeeren bedeckte. Die Parzelle wird seither wieder vom Nachbarn bewirtschaftet. Derweil hat Christian Lüscher ein anderes Feld vorbereitet und auf einem Hektar Dämme aufgeschüttelt, auf denen nächstes Jahr die Erdbeeren wachsen werden.
Damit sie genügend Wasser haben, hat er einen Schlauch zur Tröpfchenbewässerung direkt auf die Dämme gelegt, die er anschliessend mit einer schwarzen Folie bedeckte. Unter der Folie keimt das Unkraut und wird bei Sonneneinstrahlung von der Hitze verbrannt. Darum ist es wichtig, den Arbeitsschritt ein paar Wochen vor dem Einsetzen der neuen Pflanzen zu machen.
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Die Setzlinge werden in Styropor-Kisten angeliefert. An diesem Nachmittag wird die Sorte "Lofty" gesetzt. (Bild lid)
Achtung vor Sonnenbrand
Dann ist das Feld bereit für die Setzlinge. "Dieses Jahr sind wir etwas spät dran. Normalerweise versuchen wir, die Erdbeeren vor dem 1. August zu pflanzen", so Christian Lüscher. Die Trockenheit in den Gebieten, wo die Erdbeersetzlinge kultiviert werden, habe zu einer Knappheit geführt. Lüscher bestellt seine Setzlinge bei einer Schweizer Firma, die die Pflänzchen aus Italien, Spanien oder Holland importiert. Er bestellt jeweils frühe und späte Sorten, sodass über eine möglichst lange Periode reife Früchte geerntet werden können. Allerdings hat es dieses Jahr terminlich nicht gut geklappt. Er habe die späte Sorte als erste Ladung erhalten, und nach und nach würden die anderen Sorten eintreffen, so Lüscher. Beim Pflanzen achtet er vor allem darauf, dass die Dämme in Nord-Süd-Richtung verlaufen. "So werden die Erdbeeren gleichmässiger von der Sonne beschienen. Ansonsten leiden sie schnell unter einem Sonnenbrand", erklärt Lüscher.
Bereits die 53. Erdbeer-Saison
An diesem Samstag türmen sich die Styropor-Kisten mit den Setzlingen auf dem Ladewagen des Traktors. Kurz bevor der Chef seinen Mitarbeitern die Kisten übergibt, taucht er die Wurzeln in ein Bad: Ein Gemisch aus Algen, die die Pflanze stärken, einem Fungizid, das anfällige Früchte vor einem Pilzbefall schützt und einem Wurzelaktivator, der die Wurzeln anregt, möglichst schnell ein starkes Wurzelwerk zu bilden. Dann werden die Setzlinge auf die Löcher verteilt, selbst Senior Ueli Lüscher hilft dabei mit. "Das ist schon meine 53. Erdbeersaison", erklärt er und fügt stolz an, "ich hätte nie gedacht, dass mein Sohn so viele Jahre Erdbeeren anbauen wird."
Erdbeeren und Schnee vertragen sich gut - in Massen
Noch zwei Dämme bleiben leer, selbst als alle Setzlinge vom Ladewagen verteilt sind. "Hier kommt dann die andere Sorte hin. Wir wissen allerdings noch nicht, wann sie geliefert wird", so Lüscher. Wegen diesen zeitlichen Unsicherheiten seien sie froh, über ein Netzwerk flexibler Mitarbeiter zu verfügen, betont Luzia Lüscher.
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Für eine optimale Sonneneinstrahlung ist die Anlage in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet. Noch fehlen die Setzlinge, die dann auf den restlichen Dämmen verteilt werden. (Bild lid)
Selbst wenn alles gepflanzt ist: Winterpause gibt es für die Erdbeerproduzenten nicht. Die Dämme müssen von Unkraut befreit und Blüten entfernt werden, die die Pflanze bei warmem Wetter bereits im Herbst entwickelt. Nur so können die Erdbeeren den Winter gut überstehen und im Frühling schnell wachsen. Während der Blütezeit muss der Erdbeerproduzent dann täglich den Wetterbericht im Auge behalten und die Anlage über Nacht mit einem Vlies abdecken. "Etwa 15 Mal habe ich die Dämme heuer mit Vlies abgedeckt, weil eine kalte Nacht prognostiziert wurde. Schlussendlich hätte ich es in 10 Fällen sein lassen können", so Christian Lüscher. "Das ist viel Aufwand, aber wenn ich es einmal nicht mache und eine kalte Nacht den Erdbeeren schadet, habe ich das Nachsehen."
Wenn er einen Wunsch offen hätte, würde er sich einen moderaten Winter wünschen. Zu viel Schnee führt zu einem späten Erntestart, zu kalte Temperaturen können zu Ernteausfällen führen. Schnee sei aber nicht grundsätzlich schlecht, fügt Christian Lüscher an: "Wenn es besonders kalt wird, schützt ein Schäumchen Schnee die Erdbeerknospen vor dem Erfrieren. So kann ich mir das Abdecken mit Vlies ersparen."
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