Die Aussage meiner Mutter: «Das können die Männer halt nicht so gut», macht mich nachdenklich, ja sogar ein bisschen ärgerlich. «Und wir Frauen müssen dann einfach, obwohl es für uns auch schwierig ist?», gebe ich etwas patzig zurück. Doch meine Mutter hat darauf auch keine Antwort.

Der Grund für unseren Disput ist der Zustand meiner Schwiegermutter. Es ist traurig mitanzusehen, was die Demenz mit dieser einst so willensstarken und zupackenden Frau anstellt. Das Laufen geht nicht mehr, Sprechen ist auch schwierig und beim Essen braucht sie Hilfe.

Auch wenn vor allem meine Schwägerinnen sehr regelmässig zu ihr ins Altersheim gehen, bin ich trotzdem bemüht, wenigstens zwischendurch bei ihr vorbeizuschauen und ein bisschen von meinem Alltag zu erzählen. Leider war mir das diesen Sommer nicht so oft möglich, meine Tochter mit ihrer Herz-OP und die saisonale Arbeit auf dem Hof haben mich auf Trab gehalten, ebenso die gesundheitlichen Probleme meines Vaters.

Ein Frauending

Schon bin ich dabei, meine fehlenden Besuche zu rechtfertigen. Vielleicht ist das wirklich so ein Frauending: Ich fühle mich irgendwie meiner Schwiegermutter gegenüber dazu verpflichtet, ihr etwas zurückzugeben von all dem, was sie für mich getan hat. Auch wenn es mir schwerfällt und ich mich manchmal gerne davor drücken möchte.

Bei meinem Mann dagegen hat jeder Verständnis, dass er sein Mami schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hat. Nicht dass er nicht daran Anteil nimmt, wenn seine Schwester von der Rollstuhlspazierfahrt an den See berichtet, aber einen Besuch zu machen, ist halt so eine Sache. Er hat ja noch weniger Zeit als ich und eben: «Männer können das nicht so gut.» Ich akzeptiere die Meinung meines Mannes und ich verstehe ihn. Schliesslich ist es wirklich nicht einfach, zu sehen, wie sich ein lieber Mensch innerhalb kurzer Zeit so verändert.

Was wäre jedoch, wenn meine Schwägerinnen und ich, eben wir Frauen, sagen würden: «Wir können das nicht …» Letztendlich muss in dieser Hinsicht wohl jeder für sich entscheiden und es so handhaben, wie es für ihn selber stimmt. Deswegen werde ich hin und wieder Zeit für «s Grossmami» zusammenklauben und ihr einen Besuch abstatten. Auch wenn sie mich nicht mehr erkennt, ihr Herz weiss schon noch, wer ich bin.