Dass mein Mann und ich zusammen mitten unter der Woche fortgehen können, kommt wirklich selten vor. Doch nun sind wir unterwegs zu einer Betriebsbesichtigung. Der Fokus liegt auf dem Melkroboter und der automatischen Fütterungsanlage.
Sehr interessiert lassen wir uns zuerst den ganzen Fütterungsprozess erklären, vom Befüllen des Mischwagens über den Transport per Förderband, bis schliesslich das Futter mit dem Verteilwagen den Kühen quasi vor die Nase geschoben wird. Auch der Melkroboter wird von mir und den anderen Besuchern genau unter die Lupe genommen. Der Melkmaschinenfachmann zeigt uns den Ablauf des Melkens, welche Daten gesammelt werden und welche Module dazu installiert werden können. Solche Anlagen kenne ich nur von Besuchen an grossen Agrarmessen; zu sehen, wie ein Betrieb damit arbeitet, finde ich spannend.
Staunend hören wir später im Büro von der Expertin fürs Herdenmanagement, dass der Betriebsleiter nicht einmal fünf Minuten täglich am PC verbringt. Das kann ich kaum glauben, bei mir würde es bestimmt sehr viel länger dauern, bis ich mir einen Überblick über all diese Tabellen verschafft hätte.
Viel mit, aber kaum am PC
Zurück im Stall schaue ich dem Vater des Betriebsleiters zu, wie er mit ruhiger und erfahrener Hand eine Kuh zum Melkroboter führt, damit die nächste Gruppe den Melkvorgang beobachten kann. Der Anblick macht mich nachdenklich. Wie viel hat sich verändert, seit dieser Bauer selbst seine Kühe gemolken hat …
Ob alles zum Guten ist, bin ich mir nicht so sicher. Klar, mit der ganzen Automatisierung ist es einer Person allein möglich, die Stallarbeit praktisch ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Und jemand, der ein Gespür für Technik hat, wird sicher gerne in solch einem Stall arbeiten. Doch ist nicht die Gefahr da, nur beim Tier vorbeizuschauen, wenn der Kuhname im Computer rot aufleuchtet, also ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt? Wenn alles rund läuft, warum sollte ich mir da jedes Tier genau anschauen? Wäre ja ineffizient, rein theoretisch gesehen natürlich.
Wie auch immer, der Tag war wirklich aufschlussreich, vor allem auch der Austausch mit den anderen Besuchern beim Mittagessen, doch eines weiss ich genau: Sollte ein Melkroboter wirklich je ein Thema für unseren Betrieb sein, werden mein Mann und ich noch einige Male mitten unter der Woche unterwegs für eine Besichtigung sein.
Zur Person
Ruth Bucher, Buochs, betreibt mit ihrem Mann Milchwirtschaft und Schweinezucht in einer Betriebsgemeinschaft. Sie ist Tanzleiterin einer Trachtengruppe und liebt das Werken im Garten und in der Bastelstube.