Schon als kleines Kind hörte ich von meinen Eltern, dass alles immer teurer werde und man deshalb sparen müsse. Wenn zu Erntezeiten Onkel Seppi aus Ebikon LU uns auf seinem Motorrad der Marke Kreidler Florett RS besuchte, hatte er auch einen handbetriebenen Haarschneide-Apparat bei sich. Am Abend nach dem Heuen schnitt er damit meinem Bruder Alois und mir die Haare. Die Klingen waren nicht sehr scharf, der Apparat riss an meinen Haaren, bis mir die Tränen kamen.
Obendrauf ein Handgeld
Jeweils einen oder zwei Franken gab es vom Viehhändler Grüter, wenn er ein Kalb, einen Stier oder eine Schlachtkuh von Vater abkaufte. Beim Handschlag mahnte mein Vater den Händler: «Der Preis stimmt, aber obendrauf gibst du ein Handgeld an meine Buben.» Wir beide, mein Bruder Alois und ich, erhielten darauf einen oder zwei Franken auf die Hand. Eines Tages, wir hatten gerade je einen Zweifränkler erhalten, sagte mein Bruder Alois zu mir: «Wenn du diesen mit Strom geladenen Weidedraht mit der Faust packst, bekommst du meinen Zweifränkler.»
Zwei Franken waren damals in meinen Augen eine enorme Summe Geld. Deshalb zögerte ich keine Sekunde und schloss meine Faust um den verzinkten Draht. Sofort spürte ich einen elektrischen Schlag in meiner Faust, was mir aber nicht als schmerzhaft vorkam, weil ich wie immer Gummistiefel trug. Voller Freude steckte ich die zwei Zweifränkler in mein Kässeli der Luzerner Kantonalbank, welches auf der Kommode in der Stube stand. «Spare für das Alter», mahnte mich meine Mutter unzählige Male. Und ich nahm die Mahnung ernst. Keinesfalls wollte ich als alter Mann um Essen und Kafi Schnaps betteln müssen, wie es damals die alten, durstigen Männer taten, welche von Hof zu Hof zogen. Neue Kleider oder Schuhe gab es für uns Kinder selten. Die meisten Kleider und Schuhe, welche ich trug, waren abgetragene Sachen meiner unzähligen Cousins. Ganz selten erhielt ich eine neue Sonntagshose. Kleider waren für mich keine Statussymbole, dafür machte es mich stolz, dass ich es als 10-Jähriger schaffte, ganz allein unsere Viehställe auszumisten.
1