Irgendwie sieht es nach einem «Scheissjob» aus. Wer die Spuren am Saugbagger studiert, weiss, worum es hier geht. Auf dem Hausplatz eines Bauernhofs im Berner Mittelland steht der Koloss – ein 4-Achs-Saugbagger. Rund zehn Kubik kann er laden. Sand, Steine, Erde, Schlacke und Schüttungen, aber auch Kompost, Holzschnitzel, Pellets oder eben, wie es beim Besuch der BauernZeitung der Fall ist, Gülle.
Weniger Platz durch Ablagerungen
David Reusser aus Enggistein hält eine Fernbedienung in der Hand. Mit dieser bedient er das grosse Gefährt wie einen ferngesteuerten Bagger aus dem Kinderzimmer – und das zentimetergenau. Der grosse Kraftarm, an dem ein Schlauch angebracht ist, saugt das aus dem Gülleloch, was sich hier über Jahre angesammelt hat. Unten im Güllekasten sind derweil drei Männer am Schaufeln. Material, welches das Rührwerk nicht erreicht. Heute sind es 72 m3, die Reusser mit dem Saugarm holt und aufs Feld führt. Der Kasten auf diesem Hof hat ein Fassungsvermögen von 360 m3 – rund 20 % hat demnach das über Jahre liegengebliebene Material beansprucht. Volumen, das dem Landwirt für die anfallende Gülle fehlt.
Der Saugbagger gehört Adrian Probst. Er hat 2017 die A. Probst GmbH in Sumiswald gegründet. Das Einzugsgebiet der noch jungen Firma aus dem Emmental umfasst die ganze Schweiz. So komme es auch vor, dass ein Gefährt am Morgen in Bern im Einsatz stehe und es bis zum Abend an den Flughafen nach Zürich geschafft habe.
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Das Angebot kann als Nische bezeichnet werden. Mit ein Grund, weshalb Adrian Probst im Herbst bereits einen dritten Saugbagger in die Flotte aufnimmt. Auch wenn das Leeren der Güllegruben nicht zu den Hauptaufgaben der Firma gehört, rund einmal pro Woche transportiert einer von Probsts Baggern, die einen Anschaffungswert von rund 700 000 Franken haben – und das notabene ohne Zubehör – Gülle aufs Feld. Im Frühling und Herbst, wenn die Güllelöcher leer sind, seien die Einsätze entsprechend zahlreicher, so David Reusser.
Arbeiten im Loch
Auf diesem Hof stehen Wartungsarbeiten am Rührwerk an. Eine gute Gelegenheit, zeitgleich eine Kontrolle der Güllegrube durchzuführen. Zur Erfüllung des ÖLN unterliegen Güllebehälter nämlich einer Dichtheitskontrolle. Geregelt ist diese Überprüfung im Gewässerschutzgesetz aus dem Jahr 1991. Dort steht geschrieben: «Die Inhaber von Abwasseranlagen, Lagereinrichtungen und technischen Aufbereitungsanlagen für Hofdünger und flüssiges Gärgut sowie von Raufuttersilos sorgen dafür, dass diese sachgemäss erstellt, bedient, gewartet und unterhalten werden. Die Funktionstüchtigkeit von Abwasser- und Düngeraufbereitungsanlagen muss regelmässig überprüft werden.»
Die Verantwortung für diese Kontrollen obliegt den kantonalen Behörden. Das lässt vermuten, dass die Sache nicht schweizweit einheitlich abläuft. Eines scheint gleich: Man muss es machen und meist obliegt die Verantwortung dem Amt für Umwelt oder dem Amt für Wasser. So auch im Agrarkanton Bern. Hier befinden sich laut Informationen des Amtes für Wasser und Abfall (AWA) rund 40 000 Güllegruben.
Im Kanton Bern obliegt die Kontrolle des Unterhalts der Güllegruben gemäss Artikel 6 der kantonalen Gewässerschutzverordnung (KGV) der jeweiligen Gemeinde. Aus diesem Grund erfolgen die flächendeckenden Kontrollen im Rahmen der kommunalen generellen Entwässerungsplanung (GEP). Das heisst: Die Gemeinden legen dem Kanton ein Konzept vor, wie, durch wen und bis wann die Hofdüngeranlagen kontrolliert werden.
Im Kanton Bern sind nur 30 Gemeinden aktiv
Stand heute haben laut Andreas Rathgeb vom Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern gut 30 Gemeinden mit den Kontrollen begonnen oder diese bereits abgeschlossen. «Dies bedeutet, dass knapp 10 % der bestehenden Güllegruben im Kanton geprüft sind», sagt Rathgeb. Bei einer Vielzahl Gemeinden seien die Kontrollen in Planung und würden in nächster Zeit angegangen.
«Das AWA begrüsst eine rasche Vorgehensweise und unterstützt die Gemeinden aktiv bei ihrem Vorhaben. Dennoch ist zu beachten, dass die Ressourcen sowohl bei den Gemeinden als auch beim Kontrollpersonal und beim Kanton begrenzt sind», ergänzt Andreas Rathgeb. Arbeitssicherheit und fachliche Qualität bei den Kontrollen hätten für das AWA oberste Priorität. Deshalb schule es zusammen mit der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) in regelmässigen Abständen entsprechendes Kontrollpersonal. «Nur Güllegruben-Kontrollen von Fachleuten, die den entsprechenden Kurs besucht haben, werden vom Kanton Bern anerkannt», ergänzt er.
Nicht warten, sondern frühzeitig informieren
Den Landwirten und Landwirtinnen wird vom AWA empfohlen, sich frühzeitig mit dem Thema Güllegruben-Kontrolle auseinanderzusetzen. Stehe beispielsweise ein Umbau an, ergebe es Sinn, auch gleich die Güllegruben zu kontrollieren und nicht auf ein entsprechendes Prüfungsaufgebot der Gemeinde zu warten. «Aufgrund der drohenden Lebensgefahr sollten Arbeiten in der Güllegrube nur von Fachpersonen ausgeführt werden», mahnt Andreas Rathgeb. Auf der Website des AWA seien sämtliche Merkblätter bezüglich Arbeitssicherheit und Vorgehen sowie auch Adressen der zertifizierten Kontrollfirmen aufgeschaltet.