Jeweils Anfang Jahr gehen die Verbandsspitze und das Sekretariat des Zürcher Bauernverbands (ZBV) auf eine Informationstour durch den Kanton Zürich. Bereits hat etwa am 9. Januar 2023 die Regionalversammlung in Hinwil stattgefunden. «Die Politik gibt die Rahmenbedingungen für die Agrarpolitik vor. Doch die aktuelle Mehrheit für diese Vorlagen ist sehr labil», hielt Verbandspräsident Martin Haab einleitend vor rund 70 Personen fest.
Warnung vor dem Gegenvorschlag
Laut Martin Haab konnten in Bern in der letzten Session mit oftmals knappen Mehrheiten zusätzliche Gelder für die Tierzuchtförderung für gefährdete Nutztierrassen, für die Absatzförderung von Wein sowie Herdeschutzmassnahmen zum besseren Schutz vor dem Wolf erreicht werden. Zudem ist es gelungen, eine Korrektur bei der Reduktion der Versorgungssicherheitsbeiträge von statt 300 auf 200 Franken zu erwirken.
Bezüglich der anstehenden Initiativen warnte der Präsident vor dem Gegenvorschlag zur Biodiversitäts-Initiative. «Dieser ist noch viel schlimmer als die Initiative. Wir sind deshalb alle und insbesondere die Basis gefordert, uns einzusetzen und entsprechend zu wählen und abzustimmen», so der Appell von Haab.
Düstere Aussichten für die Landwirtschaft
Der ZBV will die Rolle und die Aktivitäten der Junglandwirte (Jula) ganz gezielt in den Bauernverband integrieren. Pascal Krebs aus Forch hatte vor einem Jahr den Vorsitz übernommen. «Wir haben jetzt konkrete Vereinsstrukturen geschaffen und werden Ende Januar den diesjährig ersten Jula-Höck durchführen», kündigte Krebs an.
Zudem hätten sich die Mitglieder der Jula konkrete Gedanken über die Zukunft gemacht. Die politischen Worst-Case-Szenarien seien dabei mit Ausblick für die Zürcher Landwirtschaft 2050 aufgrund der aktuellen politischen Lage sehr düster. «Der Selbstversorgungsgrad sinkt massiv, die Landwirtschaft wird extensiviert und die Abhängigkeit vom Ausland vergrössert sich», beurteilte Krebs die Lage. Zugleich werde es nur noch in den Spezialzonen eine standortgerechte Tierhaltung und viel weniger, dafür sehr grosse Betriebe und einige Nebenerwerbsbetriebe geben. «Die bäuerlichen Familienbetriebe gehen dabei verloren», befürchtete der Jula-Vertreter.
Jetzt ist Gegensteuer zu geben
Mit Blick auf den Ackerbau sieht Pascal Krebs eine weitere Gefährdung in Renaturierungen von ackerfähigen Böden und Offenlegung von Gewässern. Spezialkulturen seien kaum noch anbaubar oder zu wenig lukrativ. Deshalb wollten die Junglandwirte nun Gegensteuer geben und Lösungsansätze anbieten.
«Die Zusammenarbeit mit den Konsumenten muss verlässlich entwickelt werden. Zudem hat sich die Landwirtschaft vermehrt auf die sich verändernde Sensibilität der Konsumenten auszurichten», führte der Junglandwirt weiter aus. Er sprach sich für die Anhebung von Standards in Eigeninitiative aus. Leistungen für die Natur und die Biodiversität sollen besser sichtbar gemacht werden, zugleich sei die Produktion unter diesem Aspekt zu überprüfen. «Es gibt deshalb nur ein Miteinander und nicht ein Gegeneinander», so seine abschliessende Botschaft.
Die Beratung wurde stark gefordert
Mit dem im vergangenen Jahr geschaffenen neuen Beratungsfeld «Umwelt» und der Anstellung von Martin Streit als Teamleiter setzt sich der Bauernverband ganz gezielt für die Interessen der Zürcher Landwirtschaft ein, wenn es um ökologische Fragen geht. Dabei wies Streit darauf hin, dass bereits ein breites Beratungsangebot nötig geworden ist. Gewässerraumausscheidungen, grosse Revitalisierungsprojekte des Kantons entlang von Töss, Glatt und Limmat, die Deponieplanung oder die Schutzverordnung im unteren Tösstal haben diesen Fachstellenbereich bereits stark gefordert.
Bereits stehen weitere Aufgaben an. Streit nannte etwa die Ausscheidung von Gewässerräumen ausserhalb der Siedlungsgebiete und die bereits erfolgte Festlegung von prioritären Potenzialflächen für Feuchtgebiete (PPF). Zudem muss der Kanton bis Ende 2024 die Planung für eine ökologische Infrastruktur abliefern. «Hier scheint die Fachstelle Naturschutz überfordert zu sein. Der ZBV wird daher ein beispielhaftes Vorgehen erarbeiten», kündigte Streit an.