«Ich möchte den Leuten Mut machen», erklärte Karin Niederberger am 7. Januar 2025 in der Evangelischen Stadtkirche in Weinfelden anlässlich des Landfrauentags Thurgau. Die Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands (EJV) war eingeladen worden, um von ihrem bewegten Leben zu erzählen. Dabei lautete ihr Motto: «von Stolpersteinen zu Meilensteinen.»

Familie ist geprägt vom Schicksal

Karin Niederberger-Schwitter wurde 1970 im bündnerischen Malix geboren. Zusammen mit ihrer neun Jahre älteren Schwester wuchs sie auf dem elterlichen Bauernhof auf. Ihre beiden mittleren Schwestern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. «Unsere Familie war geprägt durch diese Last», erzählte die Bündnerin im Rückblick.

Niederberger absolvierte eine Lehre als Detailhandelsangestellte in einer Metzgerei. Sie heiratete, bekam zwei Töchter, doch schon bald erfolgte die Scheidung. Daraufhin ging sie mit ihren Kindern als Sennerin z Alp. «Diese Arbeit machte mir grosse Freude», so die Bauerntochter. Dabei habe sie viel gelernt, auch was Teamarbeit betreffe. Später holte sie am Plantahof die Ausbildung zur Landwirtin nach. Es folgte die Heirat mit Ruedi Niederberger, die Familie vergrösserte sich um vier weitere Kinder.

Eine neue Aufgabe wartete auf sie

AboThurgauer Landfrauentage 2024Sabrina Stadelmann wollte dem traditionellen Bäuerinnenbild zu sehr gerecht werdenSamstag, 13. Januar 2024 Neben ihrem Alltag als Mutter unterstützte Karin Niederberger ihren Mann im Landmaschinengeschäft. Doch die Arbeit im Büro habe sie nicht ausgefüllt. Eine neue Aufgabe wartete auf sie: 2009 schrieb der Eidgenössische Jodlerverband (EJV) die Teilzeitstelle des Präsidiums neu aus. Die Bündnerin, die schon seit ihrer Kindheit leidenschaftlich gern jodelt, bewarb sich dafür.

An der Wahlveranstaltung habe jemand Bedenken angemeldet, ob eine Mutter von sechs Kindern die Kapazität dazu habe, erinnerte sich Karin Niederberger. Sie stellte fest: «Einem Mann hätte man so eine Frage nie gestellt». Doch sie erfuhr Rückenwind und wurde als erste Frau in das Amt gewählt. Sogleich wartete die erste Herausforderung: Im Jahr darauf stand das 100-jährige EJV-Jubiläum an, doch es fehlte an Geld, der Verband kämpfte mit tiefroten Zahlen.

Karin Niederberger gelang es, genügend finanzielle Mittel zu finden, unter anderem fand sie Sponsoren. Dabei betonte sie: «Für eine erfolgreiche Verbandsarbeit braucht es immer alle, im Alleingang geht das nicht.»

Wichtiger Wissenstransfer

Zudem spiele auch die Arbeit der zahlreichen Ehrenamtlichen eine grosse Rolle, entsprechend bedeutend sei auch deren Wertschätzung. Als zentrale Aufgaben beim Eidgenössischen Jodlerverband nannte Karin Niederberger unter anderem den Generationenwechsel und den dazugehörenden Wissenstransfer: «Es gilt, das Feuer an die nächsten Generationen weiterzugeben.» Mit den gesellschaftlichen Veränderungen würden neue Formen der Nachwuchsförderung erfordern. Sie sprach auch den Wertewandel an, der grosse Sorgen bereite.

 

«Der Austausch unter Frauen gibt mir Kraft.»

Karin Niederberger, Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands

«Stolpern gehört dazu»

Die Bündnerin erzählte auch von ihren politischen Aktivitäten. Während 14 Jahren war sie für die FDP Grossrats-Stellvertreterin. Heute amtiert sie im vierten Jahr als parteilose Gemeindepräsidentin von Churwalden. Bei allem, was man tue, sei es wichtig, nicht aufzugeben, betonte Niederberger. Entwicklung sei ein Weg, der selten geradeaus gehe. «Stolpern gehört dazu. Wichtig ist, immer wieder aufzustehen.» Zum Schluss betonte sie, wie ihr der Austausch unter Frauen immer wieder Kraft gebe. Es sei wichtig, sich gegenseitig von Freud und Leid zu berichten.