Von der Planung bis zur Inbetriebnahme vergingen nur knapp eineinhalb Jahre: Die Schweizer Mälzerei AG baute mit Unterstützung der IG Mittellandmalz in Rekordzeit eine Produktionsanlage und diese liefert seit Januar 2022 aus Schweizer Braugerste hergestelltes Malz.
Er sei ursprünglich als Whiskyproduzent auf das Projekt gestossen, erklärt Christoph Nyfeler, der Gründer und Inhaber der Schweizer Mälzerei: «Uns als Whiskyproduzenten wurde im Gegensatz zu den Bierbrauereien das Schweizer Kreuz auf der Flasche aufgrund der ausländischen Rohstoffe streitig gemacht.»
Der Abteilungsleiter Landwirtschaft des Kantons Aargau habe ihn mit der IG Mittellandmalz in Verbindung gebracht. «Denn wir hatten einen gemeinsamen Nenner – nämlich Schweizer Rohstoffe oder eben Schweizer Malz für unsere Produkte», erzählt er weiter. Und so wurde das Projekt respektive der Bau entscheidend angestossen.
Whisky und Bier spannen zusammen
«Die IG Mittellandmalz hatte schon bei der Gründung die Idee, nebst dem Braugerstenanbau für ein hiesiges Bier aus hiesigem Braumalz eine Schweizer Mälzerei aufzubauen – die Zusammenarbeit war schliesslich das fehlende Mosaiksteinchen für eine erfolgreiche Umsetzung», sagt Christoph Nyfeler.
Bis anhin wurde das aus der Braugerste gewonnene Malz zum Bierbrauen zu 99,9 Prozent importiert. Und obwohl sich seit gut 10 Jahren wieder ein paar Landwirtinnen und Landwirte dem Anbau von Braugerste widmen und die anspruchsvolle Kultur zuletzt wieder eine Fläche von über 250 Hektaren erreicht hat, musste die Mehrheit des Getreides für das Vermälzen nach wie vor aus- und wieder eingeführt werden.
Die Errichtung der neuen Mälzerei ist daher wichtig: Das Hauptziel bestehe darin, eine intakte Wertschöpfungskette im Lebensmittelbereich zu schaffen und das Projekt rentabel zu betreiben, betont Christoph Nyfeler. Bereits im zweiten Jahr habe die Mälzerei eine Auslastung von 70 Prozent erreicht und nächstes Jahr sollen es 90 Prozent sein.
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Grosse Mengen nicht kurzfristig verfügbar
In den nächsten Wochen werde auch die Umfrage bei den Abnehmern durchgeführt, um herauszufinden, wie gross die Nachfrage für das nächste Jahr etwa sein dürfte. «Das Schwierigste ist, das Verständnis zu schaffen, dass wir einen Input brauchen», erklärt Christoph Nyfeler.
Brauereien und Bäckereien seien es sich gewohnt, dass Malz egal in welchen Mengen grundsätzlich innerhalb von 48 Stunden erhältlich sei. Obwohl rund 20 Prozent an Lagermenge produziert werde, sodass die Mälzerei auf kleinere Aufstockungen der Abnehmer reagieren und liefern könne, sei eine kurzfristige Verfügbarkeit von allzu grossen Mengen für Schweizer Malz nicht möglich.
«Wir können nicht ad hoc reagieren, sondern müssen mit einer Vorlaufzeit von rund eineinhalb bis zwei Jahren umgehen können», erläutert Christoph Nyfeler weiter und ergänzt: «Wir vergeben im Juli dieses Jahres den Anbauauftrag für die Ernte nächstes Jahr, die wir dann ungefähr ab Oktober nächstes Jahr zu Malz weiterverarbeiten, das bei den Brauereien für die Produktion vom Herbst 2024 bis zur nächsten Ernte 2025 zur Verfügung steht.» Die Mälzerei produziere so quasi ein Jahr auf Risiko und im darauffolgenden Jahr werde jeweils versucht, die Schwankungen auszugleichen.
Braugerste als Ackerkultur
Die Gerste verleiht dem Bier Geschmack und Farbe. Für Braugerste eignen sich nur zweizeilige Sommergersten. Gute Sorten sind ertragreich und müssen weitere wichtige Kriterien erfüllen. Neben der Sorte spielen Düngung und Pflanzenschutz wichtige Rollen für die Eignung der Gerste zum Bierbrauen. Ein wichtiger Punkt ist der optimale Proteingehalt, der unter anderem für die Schaumqualität des Bieres verantwortlich ist: Erhält die Gerste Stickstoff zur falschen Zeit, bildet sie vermehrt Eiweiss und zu viel Eiweiss ist für helle, schlanke und süffige Biere ungeeignet. Auch die Qualität muss stimmen. Wenn die Kriterien nicht erfüllt sind, kann kein gutes Bier gebraut werden und die Gerste wird zu Futtergerste deklassiert.
Landwirt Marco Bernhard ist einer der Produzenten, der für die IG Mittellandmalz Braugerste anbaut, die in der Schweizer Mälzerei weiterverarbeitet wird. Dass mit dem Bau der Mälzerei wieder ein Verarbeitungsschritt in die Schweiz zurückgeholt wurde, habe auch ihn als Produzent stolz gemacht: «Das ist positiv für die ganze Wertschöpfungskette», freut sich der Junglandwirt. Zudem gab es auch mehr Anbaufläche im Vertragsanbau pro Produzenten der IG Mittellandmalz. «2022 hatten wir ein Kontingent von 3 Hektaren Braugerste – auf dieses Jahr hin musste allerdings jeder Produzent wieder um 30 Prozent reduzieren», erklärt Marco Bernhard. Nach den Pandemiejahren und Jahren, wo etwas weniger Bier getrunken wurde, war etwas zu viel Braugerste da.
Trotz der leichten Abnahme ist Marco Bernhard überzeugt von der Kultur. «Für mich ist es eine sehr interessante Kultur, die auch fruchtfolgetechnisch gut in meine Anbauplanung passt, da ich sie mit den vielen Frühlings- und humuszehrenden Kulturen kombinieren kann», erklärt er.
Abnehmer für saisonale Landwirtschaft sensibilisieren
Die Mälzerei versuche anfangs Jahr einen Produktionsplan zu machen, um abzuschätzen, was an Pilsner-, Wiener-, Münchner-, Karamell- oder Backmalz gebraucht werde und wie viel davon in IP-Suisse- oder Bio-Suisse-Qualität verfügbar sein müsse. «Wir müssen wissen, wer potenziell wann was braucht – da arbeiten wir dran und lernen jedes Jahr dazu», so Christoph Nyfeler.
Um zu grosse Unter- oder Überproduktionen zu vermeiden, sei man auf die Brauereien und die weiteren Abnehmer angewiesen. So seien rund 80 Prozent von dem, was die Mälzerei produziere, über Bestellungen quasi vorverkauft. Trotz aller Planung ist der Braugerstenanbau und damit die Verfügbarkeit von hiesigem Malz wetterabhängig: «Wir müssen unsere Abnehmer für die saisonale Landwirtschaft sensibilisieren», erklärt Nyfeler weiter.
Gleichzeitig sei auch die Bierbranche vom Wetter abhängig, was Auswirkungen auf die Bierproduktion habe. «Letztes Jahr war beispielsweise ein hervorragendes Bierjahr und schon der Frühling lief gut – hingegen konnte man diesen Frühling kaum von ‹Biertrink›-Wetter sprechen», sagt Christoph Nyfeler.
Schweizer Malz ist teurer
Mit dem Aufwind und der Entwicklung in der hiesigen Brauszene, gekoppelt mit dem zunehmenden Trend von regionalen Produkten, setzen Brauereien vermehrt auf Schweizer Rohstoffe und damit auch auf hiesige Braugerste und hiesiges Malz. Und auch in der Lebensmittelbranche ist ein wachsendes Interesse zu beobachten.
Schweizer Braugerste ist im Vergleich zu den EU-Importen deutlich teurer und das Malz ist mehr als doppelt so teuer: «Wir zahlen für Schweizer Braugerste rund fünfmal mehr», erklärt Christoph Nyfeler und ergänzt: «Ein Bier mit Schweizer Rohstoffen kostet rund 5 bis 6 Rappen mehr pro Flasche – die Preissteigerung auf Glas letztes Jahr war im Vergleich aber bedeutend höher.» Der Mälzerei-Gründer ist jedoch überzeugt, dass der Braugerstenanbau auch für die Landwirtinnen und Landwirte attraktiv sein muss.
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Bier-Swissness sichtbarer machen
«Und letztendlich entscheidet sowieso der Konsument, ob er bereit ist, etwas mehr für ein Bier mit Schweizer Malz zu bezahlen oder nicht», sagt er. Allerdings sei vielen Konsumentinnen und Konsumenten wohl auch nicht bewusst, dass es bis auf das Wasser teilweise gar keine Schweizer Rohstoffe in den Schweizer Bieren habe.
«Bei anderen Produkten ist die Swissness sichtbarer – auch daran müssen wir arbeiten», so Christoph Nyfeler. Noch ist «echtes» Schweizer Bier ein Nischenprodukt: Die Kapazitäten der Mälzerei decken erst rund zwei Prozent des Schweizer Malzbedarfs. Im Aufwind der Kleinbrauerei-Szene und aufgrund der steigenden Nachfrage nach regionalen Produkten setzen mittlerweile kleine bis grosse Brauereien zur Freude von Christoph Nyfeler immer öfter auf den Rohstoff aus dem Aargau.