Seit der ersten Messung von Chlorothalonil-Metaboliten im Schweizer Grundwasser 2017 wurden die Analysen stetig ausgebaut. 2018 kamen neue Messstellen hinzu, ab 2019 gab es landesweite Daten zum besonders weit verbreiteten Metaboliten R417888. Für 2020 präsentiert das Bundesamt für Umwelt (Bafu) erstmals auch Zahlen zu R471811, der ebenfalls grossflächig nachgewiesen wurde.
Mittelland besonders betroffen
Das Bild hat sich im vergangenen Jahr kaum verändert, bis auf die grössere Datenmenge. Primär R417888 und R471811 verunreinigen laut Bafu das Grundwasser insbesondere in vielen landwirtschaftlich genutzten Gebieten im Mittelland. Werte über 0,1 Mikrogramm pro Liter weisen die Kantone Aargau, Bern, Freiburg, Genf, Graubünden, Jura, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn, Thurgau, Waadt, Wallis, Zug und Zürich auf. Auch zwei weitere Metaboliten seien in erhöhten Konzentrationen gefunden worden, allerdings weniger oft.
[IMG 2]
[IMG 3]
Und was heisst das?
Unbestritten enthält das Grundwasser in der Schweiz grossflächig Abbauprodukte des fungiziden Wirkstoffs Chlorothalonil. Eine Gefahr für Gesundheit und/oder Umwelt durch Chlorothalonil kann zwar nach wie vor nicht ausgeschlossen werden, nach einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts dürfen aber weder der Wirkstoff noch dessen Metaboliten als «wahrscheinlich krebserregend» bzw. «toxikologisch relevant» bezeichnet werden. Dies betrifft auch die beiden besonders häufigen Abbauprodukte R417888 und R471811. Noch steht ein definitiver Entscheid aus.
Wie die Messwerte zu interpretieren sind, ist somit derzeit unklar. Für toxikologisch relevante Metaboliten gilt im Grundwasser 0,1 Mikrogramm pro Liter als Grenzwert. Für nicht relevante Abbauprodukte liegt der Grenzwert 10-mal höher – und im Trinkwasser gibt es für solche Stoffe gar keinen gesetzlich definierten Höchstwert.
Keine Einordnung möglich, Beschwerde hängig
Dem Bafu bleibt festzustellen, dass R471811 in mehr als 60 Prozent der Messstellen in Konzentrationen über 0,1 Mikrogramm pro Liter nachgewiesen wurde. Landesweit sei jeder dritte Standort betroffen. R417888 trete in über 20 Prozent der Messstellen mit mehr als 0,1 Mikrogramm pro Liter auf.
Was das für die Grund- bzw. Trinkwasserqualität in toxikologischer Hinsicht zu bedeuten hat, muss nun offenbar das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Da sich das Grundwasser relativ langsam erneuert und die Metaboliten von Chlorothalonil als ausgesprochen langlebig gelten, wird sich das Bild der Verunreinigung durch sie wohl auch in den kommenden Jahren kaum ändern. Dank des Wirkstoffverbots wird es zwar keinen weiteren Eintrag geben, gegen das Verbot ist allerdings eine Beschwerde des Agrochemie-Konzerns Syngenta hängig