Auf den Jahreswechsel melden sich bereits die ersten Fohlen an. Während in früheren Jahren weitaus mehr Fohlen noch in den Wintermonaten geboren wurden, hat sich die Saison etwas nach hinten verschoben. In jene Zeit nämlich, wo Stute und Fohlen die meiste Zeit auf der Weide verbringen und so weitaus weniger Boxenmist und Arbeit verursachen. Ein Decken in den Monaten April und Mai hat aber noch weitere Vorteile. Meist wird die Rosse der Stute besser sichtbar und je wärmer die Tage sind, umso kürzer wird sie, da das Reifen des Eis schneller voranschreitet. Wer seine Stute im Natursprung deckt, wie das beispielsweise bei der Rasse Freiberger immer noch gang und gäbe ist, hat damit auch weniger Fahrten zum Hengst zu erledigen, wenn die Rosse kürzer ausfällt.
Komplikationen können zum Tod führen
Wenn alles gut geht, springen demnach schon bald die Sprösslinge des Jahrgangs 2021 um ihre Mütter herum. Obwohl die Fohlengeburt meist schnell abläuft kann es zu Komplikationen kommen. Hin und wieder stirbt ein Fohlen bei oder kurz nach der Geburt. In selteneren Fällen erliegt aber auch die Stute den Komplikationen bei der Geburt und hinterlässt ein Waisenfohlen.
SOS-Fohlen vermittelt
Für diesen Fall, aber natürlich auch für Stuten, denen ein Fohlen stirbt, hat Pierre Matile, Rubigen BE 1988 den Hilfedienst SOS-Fohlen ins Leben gerufen. Die Idee habe er von einem Bekannten übernommen, erklärt Matile. Vor wenigen Jahren hat er den SOS-Dienst in neue Hände übergeben. Seit 2017 führt daher die Suche nach dem Online-Portal SOS-Fohlen zur Tierärztin Sybil Lüthi. Hier kann jemand eine Stute oder ein Fohlen zur Adoption anmelden, damit ein Waise eine Ersatzmutter findet und einen möglichst guten 2. Start in ein normales Pferdeleben gelingt.
Der Trick mit dem Fell
Pierre Matile hat viele Adoptionen begleitet. Von seinem Erfahrungsschatz konnten jedes Jahr zahlreiche Züchter und deren Pferde profitieren. Eine hin und wieder zur Anwendung gekommenen Methode ist jene mit dem Fell. Will eine Stute das Waisenfohlen nicht annehmen, kann es helfen, diesem das Fell ihres verstorbenen Fohlens wie eine Decke überzuziehen. Nicht selten hat dieser Trick zum Erfolg geführt, erinnert sich Matile.
Heute über Social Media vernetzt
Heute ist die Züchterschaft gut vernetzt. Social Media und Internetseiten mit verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten helfen, rasch eine Lösung für ein Fohlen zu finden. In den Anfängen von SOS Fohlen war das anders. Pierre Matile hatte in der Saison während Monaten stets sein Handy griffbereit bei sich und versicherte den Züchtern selbst oder über einen Telefondienst während 24 Stunden, und das notabene über Monate, erreichbar zu sein. Matile führte eine Liste mit den Stuten, die ihre Fohlen verloren hatten und vermittelte diese an Fohlen, deren Mutter gestorben war.
Die Zeit drängt
Die Vermittlung muss schnell gehen und insbesondere für die Stute möglichst innert weniger Tage vollzogen sein. Denn Stuten geben im Gegensatz zu Kühen nur Milch, wenn sie auch ein Fohlen bei Fuss haben. Die Milchproduktion hängt also von der emotionalen Bindung ab. Bereits nach einigen wenigen Tagen versiegt sie. Auch Melken ohne Fohlen ist keine nachhaltige Lösung, die Milchproduktion anzukurbeln. Bis ein Fohlen eine Ersatzmutter gefunden hat, kann mit Kolostralmilch-Präparaten überprückt werden. Auch hier hilft der SOS-Fohlen-Dienst oder aber ein Pferdetierarzt weiter.
Adoption läuft aber immer noch gleich ab
Heute ist die Suche nach einer Amme in Hinblick auf die Vernetzung der Züchter zwar einfacher geworden, aber eine Adoption muss immer noch im gleichen Rahmen durchgeführt werden, wie einst, als der SOS-Fohlen-Dienst ins Leben gerufen wurde. Und ob sie wirklich gelingt, entscheiden schliesslich Stute und Fohlen.