Die Mitteilung der Vereinigung zum Schutz von Wild- und Nutztieren vor Grossraubtieren im Kanton Bern beschreibt eine sehr schwierige Situation: «In dieser Woche wütet im Haslital jede Nacht ein Wolf und versucht immer wieder beim Stall von Thomas Huggler und Heinrich Brog Schafe zu reissen», so die Schilderung. Huggler habe bereits insgesamt neun Schafe verloren und seinem Nachbarn Brog sei es nicht gelungen, den Wolf zu vertreiben, bevor er ein weiteres Schaf riss. Ausserdem seien in Grindelwald fünf Schafe getötet und eins verletzt worden, drei würden noch vermisst.
Angst um die Kinder
Bei Nacht sei der Wolf immer wieder an den Tatort zurückgekehrt, heisst es weiter. Die Überwachung durch die Bauern und das nächtliche Einstallen der Schafe habe Schlimmeres verhindert. Die Angriffe haben aber laut der Vereinigung in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern stattgefunden. Angesichts der dort anwesenden Kinder könne das eines Tages verheerende Folgen haben, so die Warnung. Daher verlange man den sofortigen Abschuss des Wolfs im Haslital.
Die Schafe seien geschützt gewesen
In der Mitteilung wird mit Verweis auf einen Maschendrahtzaun vehement verneint, dass die Schafe ungenügend geschützt gewesen seien. In der zweiten Nacht sei der Wolf im Übrigen bei Heinrich Brog in eine «vollumfänglich geschützte» Weide eingedrungen. Wie die Nutztiere in Zukunft geschützt werden sollten, habe niemand beantworten können und die Tierhalter stünden «einmal mehr» ohne jede Unterstützung seitens der Wolfsbefürworter da. Auch die Unterstützung durch den Herdenschutzbeauftragten beurteilt man als ungenügend. Angesichts dieser Tatsachen gebe es Zweifel, ob die Schafe in diesem Jahr auf die Alpweiden getrieben werden.
Wie weit darf man gehen?
Sollten die Behörden untätig bleiben und kein Abschuss bewilligt werden, stellt sich für die Vereinigung die Frage, wie weit Nutztierhalter rechtlich gesehen gehen könnten: «Darf man eigentlich nicht sein Eigentum vor dem Wolf schützen?» Wenn alle zumutbaren Schutzmassnahmen ohne Wirkung blieben, gebe es für Nutztierhalter nur noch eine Lösung: den Wolf selbst zu eliminieren.
«Nutztierhalter müssen ihr Eigentum schützen können, wenn ein solcher Eindringling sich auf dem Territorium des Landwirtes befindet und dazu noch die Herde angreift und Tiere tötet», heisst es weiter. Man werde dazu ein juristisches Gutachten in Auftrag geben.
«Inakzeptable» Berichterstattung
Von den Berner Oberländer Medien sei Familie Huggler pauschal verurteilt worden, kritisiert die Vereinigung zum Schutz von Wild- und Nutztieren vor Grossraubtieren im Kanton Bern. Im Lokalteil der Zeitung erschien ein Artikel zu den Rissen unter dem Titel «Der Fall ist klar: Die Schafe waren ungeschützt». Der Bericht sei höchst verletzend und diskriminierend gegenüber allen Schweizer Bauernfamilien, findet die Vereinigung. Offensichtlich wende sich dieser Journalismus gegen die Schafhalter, denn in keinem Satz werde erwähnt, dass Tiere auch trotz Herdenschutz gerissen werden. «Im Kanton Wallis wurden bis jetzt 78 geschützte Schafe gerissen».