Herr Gujan, Wie man feststellen kann, nimmt die Zahl der Milchkühe ab, dafür steigt deren Milchleistung an. Dieser Trend zu leistungsstarken Kühen verschiebt sich ja auch auf die Alpen, wo viele Kühe gesömmert werden.
Töni Gujan: Was ist die Definition der Hochleistungskuh? Die Mehrleistung auf der Alp hat sicher ein Stück weit mit der insgesamt besseren Leistung der Tiere zu tun. Es muss jedoch nicht sein, dass die Kühe dann gleich als Hochleistungstiere gelten. Jedoch kommen weitere Faktoren hinzu: Kürzere Treibwege durch bessere Melkinfrastruktur, bessere Wasserversorgung, Weideverbesserungen, weniger geeignete Alpen oder Weiden wurden durch Mutterkuh und Jungvieh genutzt, teilweise spätere Abkalbung der Kühe, welche dadurch nicht Ende Laktation auf der Alp sind.
Wie kommen Hochleistungskühe in steilem Terrain und einer stark veränderten Fütterung auf dem Sömmerungsbetrieb zurecht?
Vergleicht man hier eine weidegewohnte klein-mittelrahmige Kuh mit einer grossrahmigen nicht weidegewohnten Kuh mit hoher Leistung, die sich beide in der Mitte der Laktation befinden, so kommt die Hochleistungskuh sicher schlechter zurecht. Die fehlende Muskelmasse, die geänderte Ration durch das Weidegras und der grössere Futterbedarf (inklusiv Erhaltungsbedarf) sind Gründe dafür. Auf Hochalpen verschärft sich dies, ohne jegliche Zufütterung. Häufig werden hochleistende Kühe auf Hochalpen Ende Laktation (oder gar galt) gesömmert und vielleicht nur bis Mitte Sommer gemolken.
Wie gut können ihre Klauen den rauen Bedingungen standhalten?
Ich schätze ein, dass hier primär die Klauenpflege, die Genetik und das Alpmanagement (Treibwege, Treibtempo etc.) die grösseren Einflussfaktoren sind. Sekundär aber sicher auch der Stress und das Eigengewicht der Kuh. Eine hochleistende Kuh in derselben Laktationsphase wie eine weidegewohnte Kuh ist durchaus anfälliger.
Haben Sie Zahlen oder Erfahrungswerte hinsichtlich der Entwicklung der Milchleistung von Hochleistungskühen während einer Sömmerung?
[IMG 2]Dies ist sehr von der Beschaffenheit der Alp und der Laktationsphase abhängig. Die hochleistende Kuh kann eher Ende Laktation gesömmert werden. Auf Hochalpen komme ich so auf etwa 600 bis 900 kg Milch pro 90 Tage Alpzeit. Eine weidegewohnte und tieferleistende Kuh kann ich auch Mitte Laktation sömmern und komme so auf 1000 bis 1800 kg Milch während 90 Tagen Alpzeit.
Wie (schnell) verändert sich ihr Body Score Index? Wie stark schwankt ihr Energiehaushalt?
Ab Mitte Sommer zeichnet sich die Tendenz schnell ab. Aufgrund des negativen Energiehaushalts kann eine hochleistende Kuh auf einer Hochalp bis Ende Sommer eine 2 oder gar 1.5 erreichen. Es hängt jedoch davon ab, ob die Laktationsphase auf die Genetik und die Eigenschaften der Alp richtig abgestimmt werden. Insbesondere in der zweiten Hälfte des Alpsommers, wenn die weiten Weiden genutzt werden und Ende Sommer, wenn das Weidegras nicht mehr optimal ist, kann es der Kuh an die Substanz gehen.