Die Sozialen Medien waren am vergangenen Wochenende voll mit Nachrichten zum Ausfall des Marché Concours in Saignelégier. Nicht nur die Jurassier bedauerten, dass der wohl wichtigste Anlass der einzigen Schweizer Pferderasse nicht hatte stattfinden können. Schliesslich pilgern jedes Jahr zehntausende Besucher in die Wiege der Freibergerzucht, um ein Spektakel zu geniessen.
Die Hälfte der Pferde ist verkauft
Heinz Mägli und sein Team haben exakt am selben Wochenende in Balsthal SO eine Freiberger-Verkaufsschau durchgeführt. Und das mit durchschlagendem Erfolg, wie Mägli der BauernZeitung auf Anfrage bestätigt. «21 Pferde sind verkauft, bei sechs weiteren laufen die Verhandlungen», erklärt Mägli. Er hatte im Vorfeld an die Veranstaltung über 40 verkäufliche Pferde organisiert. Diese seien längst nicht mehr wie Sand am Meer zu finden, schliesslich befindet sich die Zucht im Abwärtstrend.
Mit der speziellen und in dieser Art am Standort Balsthal erstmalig durchgeführten Verkaufsschau hat es das OK gleich in die Hauptausgabe der Tagesschau am Samstagabend geschafft. «Wir dürfen nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern müssen uns mit diesen veränderten Rahmenbedingungen, vor die uns dieses Virus stellt, abfinden. Die Leute suchen Pferde – wir zeigen ihnen Pferde», weiss Mägli.
Als Dienstleister denken
Die Verkaufspferde müsse man der Kundschaft angemessen präsentieren. Die Zeit, in der man auf einem Feld ein halbverwildertes und ungepflegtes Jungpferd habe verkaufen können, die seien einfach vorbei. «Die Pferde müssen etwas können, sonst will sie nur jemand, der nichts dafür bezahlt, weil er oder sie das Pferd dann schliesslich selber ausbilden will und auch muss. Viele können und wollen das aber nicht.
Wir müssen begreifen, dass wir Dienstleister sind, wir können nicht einfach züchten, irgendwo in einem Tal aufziehen und glauben, das kaufen uns dann die Deutschen schon ab. Natürlich haben wir immer noch Betriebe, die einfach nur züchten, aber das ist ein Auslaufmodell. Zum Züchten gehört die Vermarktung dazu. Und da schadet es auch nichts, mal ein paar Kilometer zu fahren und zu schauen, wie es die anderen machen, die bereits Erfolg haben.»
«Es wurden Freiberger zwischen
8000 und 15 000 Franken verkauft»
Hector Casal ist Geschäftsführer bei Mägli Reit- und Fahrsport und Hufschmiede und Metallbau sowie Vizepräsident der Förderungs- und Vermarktungskommission beim Schweizerischen Freibergerverband. Er berichtet über die Verkaufsschau in Balsthal SO.
Die Verkaufsschau in Balsthal scheint ein durchschlagender Erfolg zu sein. Mindestens die Hälfte der gezeigten Pferde ist verkauft. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Hector Casal: Ich bin der Meinung, dass sich dieser Erfolg durch mehrere Faktoren begründen lässt. Dieses Jahr wurden praktisch alle Veranstaltungen um den Freiberger abgesagt. Dadurch hatte der Kunde nicht oder nur begrenzt die Möglichkeit, sich einen Freiberger zu kaufen. Und genau da sind wir ins Spiel gekommen. Gezielt haben wir nach einer grossen Vielfalt an verkäuflichen Freibergern gesucht, um den Kunden eine möglichst breite Auswahl zu präsentieren. Zudem kommen noch ein gelungenes Vorstellungssystem und ein gutes Ambiente auf der Anlage hinzu. Kurz und knapp, wir haben den Nerv des Marktes erkannt und uns nach ihm gerichtet.
Ist das Datum für einen solchen Verkaufsanlass nicht etwas spät gewählt, es heisst doch immer, die Kunden hätten die Pferde am liebsten im Frühling oder Frühsommer?
Dieses Wochenende wäre eigentlich Marché Concours in Saignelégier JU gewesen. Somit war das Datum ziemlich passend, weil viele Leute Zeit hatten. Wir haben bis anhin die Erfahrung gemacht, dass Pferde über das ganze Jahr verkauft werden können. Der springende Punkt ist nicht der Jahresabschnitt, sondern die Vermarktung und Ausbildung des Pferdes. Gut ausgebildete, gesunde, klar im Kopf denkende und gut vermarktete Pferde werden immer gesucht und gekauft. Unsere Verkaufsspitze war gar während des Lockdowns aufgrund von Covid-19.
Welche Preise wurden erzielt?
Es wurden Freibergerpferde zwischen 8000 und 15 000 Franken verkauft. Der Wallach für 15 000 Franken fährt in knapp zwei Wochen zu seiner neuen Besitzerin nach Schweden.
Wird es im kommenden Jahr einen Folgeanlass geben, wenn ja, wie gross ist der Aufwand für so einen Anlass?
Wir sind gerade an den Abschlussarbeiten, der Freiberger-Verkaufsschau 2020 folgt noch in diesem Jahr in diesem Zusammenhang eine Überraschung. Mehr will ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
Sie sind neben Ihrer beruflichen Tätigkeit auch Vizepräsident der Förderungs- und Vermarktungskommission beim Schweizerischen Freibergerverband. Was sind Ihrer Ansicht nach die Knacknüsse, mit denen Sie in dieser Funktion konfrontiert sind?
Wir beschäftigen uns derzeit stark mit der Vermarktung des Freibergers (Online-Vermarktung, Preisbildung, Ausbildung etc.). Wichtige Fragen lauten: Wie können wir unseren Züchtern den bestmöglichen Support bieten, damit sie ihre Pferde optimal an den Markt bringen? Wie gewinnen wir junge Züchter? Wir dürfen nicht vergessen, dass die Fohlenzahlen stetig sinken und der Pferdebestand in der Schweiz steigt. Dies heisst im Umkehrschluss, dass der Freiberger an Marktanteil verliert. Dem gilt es sofort entgegenzusteuern und unser wunderbares Pferd stark zu positionieren. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass unsere Rasse ein Riesenpotenzial hat, wir müssen nur noch verstehen und erklären können, wie wir ihn an die Käuferschaft bringen.