Auch meine Mutter, Greti Fankhauser kann sich noch gut an den Seuchenzug erinnern. «In unserem Dorf Frieswil (Bern), traf es zwar keinen Betrieb, aber uns wurde zu dieser Zeit untersagt in fremde Kuhställe zu gehen», sagt sie. Teilweise wurden die Bauernbetriebe quasi abgesperrt. Sogar die Hofhunde mussten an die Kette, keiner durfte mehr frei herumlaufen. «Auch unser Bäri musste tagelang an die Kette und wurde deswegen richtig böse, ja er biss sogar um sich», weiss meine Mutter noch. Weniger Glück mit der Maul- und Klauenseuche hatte die Familie Christen in Belp (Bern). Die Gotte von meiner Mutter, Greti Christen, hat die Tragödie nachträglich in einem Artikel festgehalten (siehe Titelbild).
Wie die Seuche in den Stall kam, weiss niemand
So war der 23. Dezember 1965 ein schwarzer Tag für die Bauernfamilie Christen: Die Seuche war in ihrem Stall ausgebrochen. Am Heiligabend wurden dann alle Tiere vom Seuchenfahrzeug abgeholt und wurden getötet. Während der Fahrt kalbte sogar noch die Kuh «Junker». Wie die Seuche in Christens Stall kam, konnte nie ganz geklärt werden. Man weiss nur, dass ihr Sohn Hansli, damals 13-jährig, in der Schule neben einem anderen Bauernbub aus dem Belpberg sass. Bei ihnen zu Hause ist die Maul- und Klauenseuche als erstes ausgebrochen. Ob Hansli dann den Virus mit nach Hause nahm und so die Kühe von seinem Vater ansteckte, kann nur vermutet werden.
Die Krankheit ist zwischen Mensch und Tier übertragbar
Die Maul- und Klauenseuche ist eine zwischen Tier und Mensch übertragbare Krankheit (sog. Zoonose), stellt jedoch beim Menschen keine gesundheitliche Bedrohung dar. Auslöser der Maul- und Klauenseuche sind die sogenannten MKS-Viren: Bei Milchtieren sind die Euter und Zitzen betroffen. Die infizierten Tiere entwickeln Bläschen (sog. Aphten) an den Schleimhäuten im Maulbereich sowie Blasen an und zwischen den Klauen.
Schutzimpfungen unterbrachen die Verbreitung
In Brent im Kanton Waadt wurde am 21. Oktober 1965 erstmals seit langem wieder ein Fall von Maul- und Klauenseuche festgestellt. Drei Tage später ein solcher in Schönenbuch BL. Erst durch die breitflächig durchgeführten Schutzimpfungen in den verseuchten und gefährdeten Gebieten konnte diese verhängnisvolle Entwicklung, die in der Weihnachtswoche 1965 mit 170 Neuausbrüchen ihren Höhepunkt erreichte, unterbrochen werden. Bei beiden Fällen ist davon auszugehen, dass dort die Schweine zuerst erkrankten und dass Hotelküchenabfälle verfüttert wurden. Obschon diese erhitzt worden sein sollen, muss vermutet werden, dass der Infektionsstoff auf diesem Wege eingeschleppt wurde.
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Lesen Sie hier die Geschichte von Werner Locher.