Kuhrassen gibt es in der Schweiz eine Vielzahl. Aber welcher Kuhtyp eignet sich wirklich am besten für die Alp? Ist es die fleischbetonte, die Hochleistungs- oder die Zweinutzungskuh? Sollte es eine grossrahmige oder doch eher eine klein geratene Kuh sein? Und ist es überhaupt sinnvoll, dass auf der Alp Kraftfutter verfüttert wird? Antworten auf diese Fragen gab es an der AGFF-Alpwirtschaftstagung auf der Eggenalp in Zweisimmen BE. Dabei kam deutlich zum Ausdruck, welcher Kuhtyp den Anforderungen am besten gerecht wird.
Hochleistungskühe tun sich schwer auf der Alp
Weder für die Kuh, noch für die Alpweide oder die Wirtschaftlichkeit ist die Bestossung von Sömmerungsweiden mit Hochleistungskühen ideal. Je höher die Milchleistung, desto schwieriger ist es, die Tiere auf höher gelegenen Alpweiden mit genügend Energie und Eiweiss zu versorgen. Spezifische Genetik für die Alpung gibt es zwar nicht, aber Stiere, die sich für den Einsatz in Herden auf Vollweidebetrieben eignen, sollten auch für die Alpung gut geeignet sein.
Auch die Zufütterung von zu viel Kraftfutter, das zum grössten Teil importiert werde, rechne sich bei dem tiefen Milchpreis nicht. Sei es auf der Alp oder im Talbetrieb. So eignen sich die Simmentaler, das Original Braunvieh, das Swiss Fleckvieh (mit tiefem Blutanteil), aber auch das Grauvieh, um den Alpsommer unbeschadet zu überstehen. Peter Thomet, ehemaliger Dozent an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen BE, ist Verfechter der graslandbasierten Milchproduktion. «Gras ist in der Schweiz im Überfluss vorhanden. Warum nutzen wir dies nicht besser und verzichten im Gegenzug auf teure Sojaimporte.»
Thomet kämpft schon lange dafür, sich in der Milchwirtschaft konsequent auf die Nutzung eigener Ressourcen auszurichten. Eine von ihm präsentierte Studie zeigt, dass Betriebe mit Vollweide und wenig Kraftfuttereinsatz eine grössere Flächenleistung haben gegenüber Hochleistungs- und Betrieben, die zum Weiden im Stall Silomais zufüttern.
Einheimisches Futter vorziehen
«Der Kraftfutterimport in die Schweiz hat sich von 1999 bis 2014 fast verdoppelt», sagt Thomet. Betriebswirtschaftlich sei es für stark wachsende Milchviehbetriebe wegen der sinkenden Importpreise und den nicht verfügbaren Flächen für eigene Futtermittelproduktion durchaus sinnvoll. Aber mittelfristig «eine Sackgasse». Thomet plädiert aus gutem Grund, den Kühen weniger Kraftnahrung zu verfüttern, dafür praktisch nur noch das einheimische Futter von Wiesen und Weiden. Sie würden dann zwar etwas weniger Milch geben, diese hätte aber die bessere Qualität. Denn: Neue Forschungsergebnisse zeigten, wie der Verzicht auf Kraftfutter dazu führe, dass die Milch mehr ungesättigte Omega-3-Fettsäuren aufweise – sozusagen das Nonplusultra der modernen, gesundheitsorientierten Ernährungslehre. Und: «Grasgefütterte Tiere geben zwar absolut weniger Milch – aber sie fressen auch weniger und verwerten das Raufutter besser», ist Thomet überzeugt.
«Sie muss nicht 10'000 kg Milch geben»
Bernhard Berger, Lehrer am Inforama, ist überzeugt, dass eine leichtere, mittelgrosse Kuh sich am besten für die Alp eigne. «Sie muss nicht 10'000 kg Milch geben, 6000 bis 7000 kg reichen völlig aus», ist Berger überzeugt. Und: «Ich bin aber dafür, dass man den Kühen in der Startphase etwas Kraftfutter zufüttert, damit diese nicht in ein Energiedefizit fallen.» Auf der Alp darf man übrigens pro Normalstoss «nur» 100 kg Kraftfutter verfüttern. Bei der Auswahl der Rasse komme es viel auf Überzeugung und Tradition an. Auch der züchterische Aspekt habe einen grossen Einfluss. «Ich möchte auch lieber jeden Morgen und Abend eine Kuh melken, die ein schönes Euter hat», lacht Berger.
Peter Fankhauser