Der traditionelle Appenzeller-Anbindestall ist zwar in die Jahre gekommen, aber die sauberen Kühe und das mit viel Stroh eingestreute Läger zeigen, dass es den Kühen hier gut geht. Es sind ruhige Tiere, die auch vor dem fremden Besucher keine Angst haben. Das dürfte unter anderem daran liegen, dass der Landwirt wieder vermehrt Original Braune Kühe (OB) im Stall hat.
Mit Brown Swiss Gas gegeben
Der Hof von Michael und Anita Raschle liegt ziemlich abgelegen in der Rötenwis, das zur Appenzell-Ausserrhoder Gemeinde Schwellbrunn gehört. 15 Kühe und etwa 10 Kälber befinden sich im Stall. Im Jahre 2004 hatte Raschle den Betrieb mit den Kühen vom Onkel übernommen. Der junge Landwirt wollte – wie er sagt – die ersten Jahre Gas geben und kreuzte Brown Swiss (BS) in die Herde ein.
Damals liess er sich von den schönen Eutern der eleganten Kühe und von ihrer hohen Milchleistung begeistern. Man nannte sie die „scharfen“ Kühe, erzählt er. Doch nicht immer waren die Nachkommen so, wie er sie erhoffte. Die Kühe gaben zwar mehr Milch, aber sie wurden auch grösser, so dass sie auf ihrem Lager im Stall nicht mehr genügend Platz fanden. Die männlichen Kälber, die geschlachtet wurden, waren weniger muskulös und brachten weniger ein als früher.
«Die Kühe passen nicht zu meinem Betrieb»
Raschle’s Betrieb ist ein sogenannter Graslandbetrieb, das heisst, es gibt nur Wiesen und Weiden. Die Flächen in der Bergzone 2 sind oft so steil, dass es schwierig ist, sie zu mähen und es einfacher ist, die Tiere sich das Futter selbst holen zu lassen. Dafür eignen sich kleinere Kühe besser als grosse. Je mehr Milch die grossen Kühe gaben, desto weniger genügte ihnen das betriebseigene Futter. Der Landwirt musste immer mehr Kraftfutter füttern.
„Die Kühe passen nicht zu meinem Betrieb“, bekam der Landwirt zunehmend den Eindruck. Er fing an, nach Braunviehstieren zu suchen, deren Nachkommen nicht grösser wurden und nicht noch mehr Milch gaben. „Bei der Stierenauswahl bin ich angestanden“, hält er rückblickend fest.
Kühe des Nachbarn nahmen besser zu
Schon damals fiel ihm auf, dass die Original Braunen Rinder eines Nachbarn auf der Alp besser zunahmen als das eigene mit Brown Swiss eingekreuzte Jungvieh. Bei knappem Futterangebot waren die Original Braunen genügsamer und aktiver bei der Futtersuche.
Im Jahre 2010 kaufte Raschle die erste OB-Kuh und fing bei seinen Kühen an, mit OB-Stieren zurück zu kreuzen. Besonders gut gefielen ihm die Nachzuchtkühe des OB-Stier Rino, so dass er diesen vermehrt einsetzte. Auch kaufte er Original Braune Kälber zu. Heute sind etwa die Hälfte seiner Kühe OB, die anderen sind eingekreuzt. Da es eine grosse Nachfrage nach OB-Rindern gibt, kann der Landwirt etwa die Hälfte der Nachzucht verkaufen.
OB passen zur biologischen Landwirtschaft
Auch wenn die durchschnittliche Milchleistung seiner Kühe mit 6300 kg im Vergleich zu mit Brown Swiss eingekreuzten Kühen bescheiden ist und die Milchleistung gegenüber früher um 500 kg gefallen ist, ist der Landwirt nicht unzufrieden mit der neuen Situation. Die Buchhaltung weise trotzdem etwa denselben Verdienst aus wie früher, hat er festgestellt.
Ausschlaggebend dafür sind die geringeren Kosten und die besseren Preis der OB-Kälber und Kühe, egal ob er sie als Zucht- oder Schlachttiere verkauft. Bei den Kosten spielt das Kraftfutter eine wichtige Rolle. Heute verwendet er 150 - 200 kg Kraftfutter pro Kuh und Jahr gerade einmal die Hälfte wie früher. Auch die Tierarztkosten für die Behandlungen von Euterentzündungen sind zurückgegangen.
Die durchschnittliche Zellzahl, ein Mass für die Eutergesundheit, lag im letzten Milchjahr bei 47‘000, ein sehr gutes Ergebnis. Raschle sieht sich auf gutem Weg bei der Zucht einer langlebigen, robusten Kuh. Er möchte die Zucht auf hohe Milchleistung jedoch nicht schlecht machen. „Es ist mein Weg. Der Aufwand wäre bei mir sonst viel grösser“, hält er fest. Wer auf hohe Milchleistung setzt, muss selbst Ackerbau betreiben oder Kraftfutter zukaufen. Der Bergbauer möchte seinen Bergbetrieb jedoch natur- und standortgemäss bewirtschaften. Seit 1. Januar befindet sich dieser in der Umstellungsphase zur biologischen Landwirtschaft, zu der die OB Kuh gut passt.
«Ich hatte noch nie Kühe ohne Hörner»
Raschle steht allerdings nicht bedingungslos hinter den Original Braunen. „Die OB müssen sich beweisen“, sagt er. Es gibt auch bei den Originalen verschiedene Typen. Ihm gefällt vor allem der ruhige Charakter der Tiere. Das erleichtert den Umgang mit ihnen. Sie machen weniger abrupte Bewegungen, was vor allem beim Anbinden der Kühe mit Hörnern wichtig ist. Diese gehören für den Landwirt einfach dazu. „Ich hatte noch nie Kühe ohne Hörner“, erklärt der Landwirt seine Einstellung. Und das Wichtigste ist, dass man Freude an den Tieren hat, betont er. Dann laufe es auch im Stall rund.
Michael Götz, lid