Little Jo, Miss Bony, Snowball, aber auch Tina und Socke sind aufgeregt, als Peter Kuster die Texas Longhorn-Rinder zur Tränke vor dem Tratthof lässt, denn der Landwirt bleibt ungewohnt lange im Gehege drin.
Da sie den ganzen Sommer alleine auf der Weide waren, dauert es eine geraume Zeit, bis sie sich beruhigt haben, seine Frau Therese dazukommen kann und die Tiere ihr vertrautes Verhalten annehmen.
"Das ist typisch", sagen die beiden. "Longhorn-Rinder sind zwar gutmütige und liebe Tiere. Aber sie sind auch scheu." Die Nähe ist nur möglich, weil Kusters einige selber grossgezogen haben.
Bescheidene Tiere
Therese und Peter Kuster sind fasziniert von ihren Longhorns. Sie kümmern sich gerne um sie, auch wenn sie noch keinen Ertrag abwerfen. "Die Texas Longhorn sind eine extensive Rasse, was gut zu unserem Betrieb passt", sagen sie. "Sie sind genügsam und mit älterem Futter zufrieden. Dieses verwerten sie recht gut. Die Gewichtszunahme dauert aber trotzdem länger als bei anderen Rassen."
Sie heben auch die Ruhe und die Neugierde der Tiere hervor, obwohl sie eine gewisse Distanz brauchen. Melken wäre möglich, ist allerdings nicht sehr ertragreich. "Dafür liefern sie ein fettarmes und gesundes Fleisch." Das alles bedeutet, dass die Longhorns für Kusters ein Hobby sind und bleiben werden.
Ans Klima angepasst
Auffallend sind natürlich die Hörner, die den Tieren ihren Namen gaben. Vorsicht ist geboten, weil die Hörner doch imposant werden können. Theres und Peter Kuster haben dies selber erlebt. "Unser Stier Little Jo hatte eine Hornspannweite von 165 cm", sagen sie. "Erstaunlich ist der intelligente Umgang der Tiere mit ihren Hörnern. Sie kommen durchaus durch ein Fressgitter und auch wieder hinaus. In einem schmalen Durchgang halten sie ihren Kopf ganz einfach schräg."
Diese Geschicklichkeit bedeutet auch, dass die Longhorns in einem bestehenden Stall gut zurechtkommen können. Bei Kusters waren keine Anpassungen notwendig, weil die Tiere im offenen Teil leben und dort ihr Futter von einer Raufe fressen. "Ans Schweizer Klima sind sie optimal angepasst, denn auch in Texas kann es sehr heiss, aber auch extrem kalt sein." Deshalb sind sie im Sommer immer draussen, im Winter sehr oft. Geschlachtet haben die beiden erst den Stier Little Jo. Das war allerdings problematisch, denn die Schlachthöfe sind normalerweise für die grosse Hornspannweite nicht eingerichtet.
Langsamer Aufbau
Therese und Peter Kuster sind vor acht Jahren durch ein Inserat auf die Lonhorns gekommen. Urs Weiss (siehe Textbox), der Präsident des Schweizer Longhorn-Clubs, suchte Landwirte, die beim Embryotransfer mitmachten. "Wir meldeten uns und stellten unsere Rinder für neun Embryonen zur Verfügung", erzählen sie. "Letztendlich überlebte aber nur ein Kalb. Daraus wurde Miss Boni, die wir gekauft haben." Besser liefs im zweiten Jahr, in dem drei Kälber überlebten, einer davon Barni, ein Stier.
"Eines Tages hatte Urs Weiss die Idee, Rinder zu importieren, weil die Kosten nicht höher sind als für den Embryotransfer. Es dauerte aber zwei Jahre, bis eine Fluggesellschaft bereit war, 17 trächtige Kühe mit ihren Kälbern zu transportieren. Eine davon kam zu Kusters, heisst Tina und hat schon mehrere Kälber geboren." So wuchs die kleine Herde der beiden in den acht Jahren auf heute sieben Tiere plus Stier an. Mehr sollen es aus Platzgründen nicht werden. In den rund acht Jahren kam es auch zu Höhepunkten. Dazu gehört der Stier Little Jo, mit dem sie 2013 an der Olma teilnahmen. Fest zur Herde der Longhorns gehört nicht zuletzt der mächtige italienische Ochse Gorbatschow. Er darf auf dem Tratthof sein Gnadenbrot fressen.
130 Tiere im Stall
Ihren Lebensunterhalt verdienen Kusters auf dem 38 Hektaren grossen Tratthof mit Milchwirtschaft (30 Kühe), Aufzucht und Ochsenmast. Das sind total 130 Tiere. Die Aufzucht integrieren sie in ihre Herde. Die Stierenkälber werden kastriert, damit sie in der Herde normal mitlaufen können. Dazu betreiben Kusters Ackerbau mit Raps, Mais und Getreide. Dazu kommen noch einige Lohnarbeiten.
Martin Brunner, lid