Laut der vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) veröffentlichten Studie, «Tierschutz - von den Kantonen gemeldete Strafverfahren 2021», erhöhten sich die total gemeldeten Strafverfahren von 1898 Fällen im Jahr 2020 zu 1931 Fällen im Jahr 2021 um zwei Prozent.

Unterschiedliche Gesamtstraftaten errechnet

Aufgrund von unterschiedlichen Erfassungskriterien rechnet TIR mit einem Total von 1923 Fällen – im Gegensatz zum EDI, welches von 1931 gemeldeten Tierschutzstrafentscheiden ausgeht.

Eine Zunahme der Tierschutzstrafentscheide sieht das Gutachten als positiv und rühmt indes die konsequente Weiterentwicklung des eidgenössischen Tierschutzgesetzes seit dessen Inkrafttreten. Dennoch geht die Stiftung von einer hohen Dunkelziffer nicht geahndeter Tierschutzverstösse aus. «Angesichts des Umstands, dass hierzulande viele Millionen von Tieren gehalten und genutzt werden, ist die Zahl der abgeschlossenen Strafverfahren mit knapp 2000 sehr tief».

Kantone mit besserem Vollzug

Auf kantonaler Ebene gebe es deutliche Unterschiede des Niveaus im Tierschutzvollzug. Die Kantone Aargau, Bern, St. Gallen und Zürich würden Tierschutzverstösse konsequenter, durch spezielle Vollzugsstrukturen, verfolgen.

Die Sensibilisierung von Privatpersonen und Behörden auf die Bedürfnisse von Heimtieren – allen voran des Hundes – sei besonders wichtig. 

Die Beurteilung von Tierschutzverstössen sei bei den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten in vielen Bereichen nach wie vor mangelhaft. Die Abgrenzung zwischen Tierquälereien und übrigen Widerhandlungen bereite den Strafverfolgungsbehörden in diesem Kontext Schwierigkeiten.

Ein Problem sei auch, dass die Veterinärbehörden Tierschutzverstösse erst nach mehreren Kontrollen zur Anzeige bringen würden, so die Tierrechtsorganisation. Dies zeige sich aus dem ausgewerteten Fallmaterial.

Vermeintlicher Ressourcenmangel

Das TIR-Gutachten sieht den wahrscheinlichen Ressourcenmangel der Veterinärbehörden als Grund des «fehlenden sofortigen Handelns». Zudem sei es eine Hoffnung der Behörden, dass Mängel in der angesetzten Frist behoben würden.

Einen besonderen Fokus lege die Analyse auf die strafrechtliche Beurteilung von Wildtierunfällen im Strassenverkehr. In der gesamten Schweiz seien im Jahr 2021 lediglich 47 Strafentscheide im Zusammenhang mit unterlassenen Meldungen von Wildtierunfällen ergangen. Auch hier sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.

Tiere leiden unnötig bei nicht gemeldeten Unfällen

Obwohl die Tat ein schwerwiegender Verstoss am Tierschutz bedeutet, weil die Tiere unnötig leiden und qualvoll verenden, würden die Strafbehörden Wildtierunfälle im Verkehr «nicht korrekt beurteilen», so der Vorwurf der Organisation.

Grundsätzlich besteht gemäss TIR ein erheblicher Handlungsbedarf in Bezug auf den Tierschutzstrafvollzug. Deshalb hat die Stiftung sechs wichtige Postulate für die wirksame Strafpraxis im Tierschutzrecht gelistet.

 

Exkurs: 

Durch Artikel 26. und 27. des Schweizer Tierschutzgesetzes, TschG, kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe von bis zu 20 000 Franken bei Fahrerflucht in Zusammenhang mit einer Vernachlässigung oder Misshandlung von Tieren ausgesprochen werden.