Es begann mit Mehlsäcken. Im Schlafzimmer. «Aus Platzgründen gab es damals keine andere Lösung», erzählt Ramona Marggi lächelnd. Damals, das war vor rund zehn Jahren, als sie mit geliehenen Knetmaschinen und dem normalen Haushalt-Backofen in ihrer Wohnung damit anfing, neue Brot-Rezepte auszuprobieren.

Dabei wollte Romana Marggi gar nie Bäckerin werden. Lieber hätte sie eine Lehre als Service-Fachangestellte gemacht. Die Eltern waren allerdings wenig begeistert. Also zog sie eine Bäcker-Lehre durch. «Nach dem Abschluss wollte ich Diplom und Fachbücher nur noch verbrennen. Ich hatte genug vom Backen.»

Statt in einer Bäckerei suchte sich die junge Frau Arbeit im Service und blieb zehn Jahre in der Branche. Sie gewann Abstand zur Lehre, lernte neue Menschen kennen und langsam keimte die Idee eines eigenen Geschäftes. Aber es sollte keines wie die anderen werden.

Pröbeln bis es stimmt

«Low carb», kohlenhydratarm, wurde vermehrt auch in der Schweiz ein Thema. «Anders als früher hatte herkömmliches Brot bei Menschen, die sich kohlenhydratarm ernähren wollen oder müssen, plötzlich ein schlechtes Image. Ich wollte eine Alternative anbieten und so begann ich eben, daheim mit Mehl-Alternativen zu pröbeln.» Und mit dem Pröbeln kam die Freude am Backen zurück.

Statt auf herkömmliches Mehl setzt Ramona Marggi bei ihren Low-Carb-Produkten ganz auf Haferkleie. Haferkleiebackwaren haben rund 60 Prozent weniger Kohlenhydrate als vergleichbares Gebäck. Zudem sind sie mit rund 85 Prozent Ballaststoffen besonders sättigend und verdauungsfreundlich. Damit sich Haferkleie zu Teig verarbeiten lässt, muss sie allerdings fein gemahlen werden. Es braucht zudem andere Bindemittel und andere Mengenverhältnisse in den Rezepten.

Die Rezepte der Backwaren, die heute in der «Bäckerei Gsund» angeboten werden, haben Ramona Marggi und ihr Team alle selbst entwickelt. Neben Brot und Brötchen gehören Teigwaren und Guetzli dazu. Erweitert wird das Low-Carb-Angebot mit Urdinkel-Produkten sowie kohlenhydratarmen Aufstrichen und Sirupen.

Online zieht

Aus der wenig begeisterten Bäcker-Lehrtochter Ramona Marggi ist die innovative Inhaberin einer eigenen Bäckerei mit elf Mitarbeiterinnen geworden. Der Verkauf läuft nur zu rund zehn Prozent über den Laden, den sie vor neun Jahren eröffnet hat. «Neunzig Prozent unseres Umsatzes machen wir mit dem Online-Shop. Wir haben Kunden in der ganzen Schweiz.» Trifft eine Bestellung von Sonntag bis Mittwoch spätestens um 17 Uhr ein, wird das Paket am nächsten Tag der Post übergeben.

Um allen Aufgaben in einem eigenen Geschäft gerecht zu werden, absolvierte Ramona Marggi eine Unternehmerschule und bildet sich laufend in Sachen Ernährung weiter. «Die meisten Kunden wollen entweder abnehmen oder zumindest nicht zunehmen. Sie sind anspruchsvoll und gut informiert, wollen aber oft noch mehr über unsere Produkte wissen. Zum Beispiel ob sie sich für Diabetiker eignen oder für Menschen mit Unverträglichkeiten. Ich möchte Antworten geben können, doch im Zweifelsfall weise ich sie an eine Fachperson.»

Mehr Schreibtischarbeit

Ramona Marggis Arbeit hat sich von der Backstube an den Schreibtisch verschoben. Dazu kommen regelmässige Kundenbesuch bei Ernährungsberatern und Ärzten. «Die kann und will ich nicht delegieren. Ich habe das Rezept selbst entwickelt und weiss, wie sich die Haferkleie verhält.»

Abschalten und sich erholen kann Ramona Marggi beim Sport: Beim Velofahren, Golfen und Skifahren vergisst sie das Alltagsgeschäft und schafft Platz für neue kreative Ideen. «Zudem habe ich das Reisen für mich entdeckt. Doch lange kann ich nicht vom Geschäft weg.» In absehbarer Zeit wären auch ein Lebenspartner und Kinder schön. «Noch ist das nur ein Traum», schmunzelt die 35-jährige Singlefrau. Im Geschäftsbereich ist Vergrössern oder auch Franchising ein Thema. Doch Ramona Marggi lässt es auf sich zukommen. «Man muss nicht immer ganz genau wissen, was die nächsten zehn Jahre passieren soll. Sonst blockiert man sich selber.»

Weitere Informationen:
www.baeckerei-gsund.ch