Frage: Ich (59) habe Ihren Beitrag in der BauernZeitung vom 17. März 2023 über Harmonieliebe gelesen. Seither denke ich viel über Harmonieliebe und Bedürfnisse nach. Ich bin seit 28 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Wir haben nie Streit und der Betrieb funktioniert gut. Ich möchte gerne mit meinem Mann über unsere Bedürfnisse nach der Betriebsübergabe reden. Er möchte weiterhin das ganze Leben dem Hof widmen. Das sei sein einziges Bedürfnis, sagt er. Wenn ich andere Wünsche äussere, dann geht er sofort in die Opferrolle und sagt, ich sei egoistisch, undankbar und verantwortungslos. Weshalb hat er keine anderen Bedürfnisse?[IMG 2]
Antwort: Schön, dass Sie nachfragen. Man nennt dieses Lebensmuster «Vermittler, Helfer oder Retter». Menschen mit diesem Erziehungsmuster gehen nie richtig auf die Suche nach eigenen Bedürfnissen. Sie sind glücklich, wenn sie die Bedürfnisse anderer erfüllen können. Beim Hofnachfolger ist dies dann oft das Wohl des Hofes. Solange das niemand in Frage stellt, kann das ein Leben lang gut funktionieren. Wird dies jedoch in Frage gestellt, haben sie nur die Opferrolle zur Verfügung.
Anderen Wünsche erfüllen
Menschen mit dem Vermittlermuster lernen von klein auf, ihr Glück in der Erfüllung der Wünsche anderer zu suchen. Sie haben deshalb meist einen schlechten Zugang zu ihren eigenen Gefühlen. Ihr Mann hat vielleicht noch nie richtig über eigene Bedürfnisse nachgedacht. In seinem Erziehungsmuster war immer klar, dass es allen dann gut geht, wenn es dem Hof gut geht.
Dadurch ist das zu seinem Bedürfnis geworden. In seinem Erziehungsmuster sind nämlich nur die drei grünen Kreise (siehe Grafik) angelegt. Entweder, er schaut, dass es dem Hof gut geht und bekommt Wertschätzung dafür, oder er fühlt sich als Opfer, weil er ausgenützt wurde. Oder er muss sich rächen, weil man ihn jahrelang ausgenutzt hat.
In der Grafik sind die eigenen Bedürfnisse ausserhalb des Dreieckes mit dem Herz dargestellt. Die Fussspuren auf dem Bild zeigen, dass man sich auf den Weg machen muss, um zu diesem Herz zu kommen.
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Ein möglicher Ausweg
Sie haben ganz recht: Wenn Sie in Ihrer Paarbeziehung über die Bedürfnisse reden möchten, dann müssen die echten Bedürfnisse zuerst bekannt sein. Nur so können gute Gespräche entstehen, in denen beide sich verstanden fühlen. Es ist für Ihren Mann eine Chance, dass er Sie als Frau hat.
Auf das ganze Leben betrachtet, sind wir Menschen dann nahe am Glück, wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse kennen, sie aussprechen können und mit Menschen zusammenleben, die bereit sind, zuzuhören. Bleiben Sie dran, versuchen Sie, Ihren Mann zu diesem Schritt zu motivieren. Und tauschen Sie dann Ihre ehrlichen Bedürfnisse miteinander aus. Wenn Sie beide Ihre Bedürfnisse spüren und einander zuhören, können gute Zukunftspläne daraus entstehen. Sie können Ihrem Mann ja sagen, dass er trotzdem mit Freude hie und da auf dem Hof mithelfen darf.