Frage: Ich (45) fühle mich nicht mehr wohl in meinem Leben. Mein Mann (47) und ich haben vier gemeinsame Kinder im Alter zwischen 10 und 18 Jahren. Wir führen einen mittelgrossen Landwirtschaftsbetrieb ohne Angestellte. Die Kinder sind schon recht selbstständig. Ich versuche immer wieder, mit meinem Mann darüber zu reden, dass es auch andere Dinge als Arbeit im Leben geben würde. Wir kommen da einfach nicht weiter. Seine Antwort ist immer die gleiche: «Es geht nicht wegen des Betriebs.» Haben Sie eine Idee, wie wir bei dieser Frage einen Schritt weiterkommen könnten?

Antwort:Ja, bleiben Sie dran, denn Sie haben recht mit Ihrem Anliegen. Wenn einer von Ihnen morgen verunfallen würde, müsste der Betrieb auch weiterlaufen. Wenn Sie sich mit 80 Jahren fragen werden, ob Sie im Leben das gemacht haben, was Sie glücklich gemacht hat, dann hoffe ich, dass Sie nicht zufrieden sind mit der Antwort: «Ich habe immer nur gearbeitet.» Der Zeitpunkt, um mehr Freizeit zu haben, ist günstig. Die Kinder sind grösser, sie können bereits kleine Dinge übernehmen.

Das «Kuchenmodell»

Das Kuchenmodell eignet sich hervorragend, um alle paar Jahre die Rollenteilung und die allgemeine Zufriedenheit miteinander zu diskutieren. Stellen Sie sich eine Durchschnittswoche in Ihrem Leben vor. Wenn bei Ihnen Winter und Sommer sehr unterschiedlich sind, dann nehmen Sie eine durchschnittliche Sommerwoche und eine durchschnittliche Winterwoche und versuchen Sie auch in der Sommerwoche ein Minimum an Zufriedenheit herzustellen.

Laden Sie Ihren Mann zu einer Diskussionsrunde ein. Als Erstes ziehen Sie die Schlafzeit ab. Bei 7 h Schlaf erhalten Sie zum Beispiel 119 h verfügbare Zeit pro Woche. Nun verteilen Sie diese 119 h auf die «Kuchenstücke», die im Bild zu sehen sind: Beruf, Familie, Paarzeit und Eigenzeit. Führen Sie vorgängig eine klärende Diskussion, was in welches Kuchenstück gehört.

Alles, was nicht Beruf, qualitative Paarzeit und qualitative Eigenzeit ist, gehört zu Familie. Ich rede bewusst von qualitativer Paarzeit und Eigenzeit: Nur, was sich wirklich als qualitative Zeit anfühlt, gehört in diese Kuchenstücke. Mit Freunden ausgehen, vor dem Fernseher einschlafen, normale Essenszeiten usw. gehört zur Familie. Wenn Sie geklärt haben, was wohin gehört, füllen Sie beide die entsprechende Stundenzahl in Ihre vier Kuchenstücke – so wie es aktuell ist.

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Kuchenmodelle vergleichen

Anschliessend vergleichen Sie die beiden Modelle und erklären einander die Unterschiede. Dann machen Sie das Gleiche nochmals mit einer Version, wie Sie es gerne hätten. Danach definieren Sie realistische, kleine Schritte für die Veränderung. Spürbare kleine Schritte, zu denen Sie beide «Ja» sagen können, sind viel hilfreicher als ein riesiger Berg von Unzufriedenheit.

Schon zwei Stunden qualitative Paarzeit pro Woche kann viel Schwung in Ihr Leben bringen. Halten Sie es aus, wenn Ihr Mann in seiner Eigenzeit lieber arbeitet, als einem eigenen Hobby nachzugehen. Jeder Mensch ist selbst dafür verantwortlich, dass er am Schluss des Lebens nicht sagen muss: «Ich habe halt immer nur gearbeitet.» Wenn der Anteil von Beruf eindeutig zu hoch ist, dann überlegen Sie gemeinsam, wie Sie dieses Kuchenstück reduzieren können, zum Beispiel Arbeiten fremdvergeben, extensiver bewirtschaften oder Betriebsumstellungen.

Weitere Informationen auf der Webseite von Cornel Rimle