Im vergangenen Oktober organisierten der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) und Swissaid eine Hotline zum Thema «Soziale Absicherung». Mehrfach wurde die bange Frage gestellt: «Ich bin über 50 Jahre alt und habe ein Leben lang ohne Lohn auf unserem Hof gearbeitet, habe ich nun ein Problem?»
Vorsorge für das Pensionsalter
Die 1. Säule soll den Grundbedarf im Alter decken. Die 2. und allenfalls 3. Säule sollen erlauben, den bisherigen Lebensstandard beizubehalten. Sobald beide Partner ins Rentenalter eintreten, werden beide Einkommen zusammengezählt, hälftig aufgeteilt und so für die AHV-Rentenberechnung berücksichtigt.
Bei einer Einkommensaufteilung können beide Partner steuerprivilegierte Einzahlungen in die 2. Säule und Säule 3a vornehmen.
Grundsätzlich kann jede weitere Vermögensvermehrung, die während des Erwerbslebens erzielt wird (dazu gehören beispielsweise auch ein finanziell gesunder Betrieb, eigener Wohnraum im Alter usw.) als Ergänzung der bestehenden Altersvorsorge betrachtet werden.
Es ist nicht zu spät
«Auch mit über 50 Jahren ist es nicht zu spät, etwas zu unternehmen», erklärt Anwältin Irene Koch, die die Hotline betreut hat. Zwar könne die Vergangenheit nicht verändert werden, doch für die Zukunft seien durchaus noch Regelungen möglich. Dabei gelte es zu unterscheiden, welcher Vorsorgefall geregelt werden soll. Geht es um die finanzielle Absicherung im Alter, um die Absicherung im Todesfall, den Fall einer Invalidität oder um den ungewollten Fall einer Scheidung?
Diese Aufzählung zeigt, dass die Frage nicht allgemein beantwortet werden kann. Da finanzielle und familiäre Begebenheiten Einfluss auf die Antworten haben, wird offensichtlich, dass eine individuelle Analyse unumgänglich ist. Trotzdem soll hier zumindest ansatzweise aufgezeigt werden, wo die Nachteile und Möglichkeiten liegen, wenn die (verheiratete) Frau jahrzehntelang auf dem Hof mitgearbeitet, jedoch offiziell kein eigenes Erwerbseinkommen ausgewiesen hat.
Im Scheidungsfall
Die AHV- und 2.-Säule-Beiträge, die während der Ehedauer einbezahlt wurden, werden gesplittet. Auch die Ersparnisse der 3. Säule werden im Rahmen der Gütertrennung hälftig geteilt. Vom während der Ehe einbezahlten, gebundenen ehelichen Altersguthaben erhalten nach der Scheidung also beide Ehegatten gleich viel. Egal, wer wie viel Einkommen abgerechnet hat.
Solide Grunddeckung ist da
Auf Vorsorgeberatungen in der Landwirtschaft spezialisiert ist die Agrisano-Stiftung. Berater Beat Nebiker kann besorgte Bäuerinnen grundsätzlich beruhigen: «Durch das soziale Netz fällt in der Schweiz niemand. Mindestens das Existenzminimum ist sichergestellt, dank unserer staatlichen Sozialversicherungen.» Wenn man jedoch einen höheren Lebensstandard gewohnt sei, könne eine Einschränkung schmerzhaft werden.
Nicht in jedem Fall sei eine Teilung des landwirtschaftlichen Einkommens aus Vorsorgesicht sinnvoll: «Sind die finanziellen Mittel knapp, verändert eine Einkommensaufteilung meist nur wenig. Mindestens 20 00 Franken Einkommen sollte die Frau abrechnen können. Speziell bei jungen Paaren macht eine solche oft Sinn und natürlich jederzeit, wenn aufgrund einer finanziell guten Situation Steuer- und Vorsorgeoptimierung ein Thema werden.»
Vorsorgefall Invalidität oder Tod
Bezahlt der Ehemann mindestens den doppelten AHV-Minimalbeitrag (1. Säule) ein, ist eine Grunddeckung auch für die Frau vorhanden, selbst wenn sie kein eigenes Einkommen abrechnet. Allfällige Erziehungsgutschriften für Kinder werden ihr zusätzlich hälftig angerechnet. Zu beachten ist, dass mit einer Einkommens-Aufteilung die Invalidenrente für den Mann tiefer ausfallen könnte.
Der Anschluss an die freiwillige berufliche Vorsorge (Säule 2b) ist nur möglich, wenn die Ehefrau einen AHV-Lohn bzw. ein AHV-Einkommen erzielt.
Finanzielle Lücken im Invaliditäts- oder Todesfall können durch eine Risikoversicherung in der Säule 3b gedeckt werden, da diese auch ohne eigenen AHV-Lohn bzw. eigenes AHV-Einkommen abgeschlossen werden kann. Dabei ist jedoch unbedingt zu beachten, dass bei bestehenden gesundheitlichen Problemen meist kein Neu-
abschluss mehr möglich ist.
Mit einem Ehe- und Erbvertrag kann die Partnerin oder der Partner maximal begünstigt und im Todesfall besser abgesichert werden.
Kein Grund zur Panik
Anwältin Irene Koch sieht einen weiteren Vorteil im Einkommenssplitting: «Investiert die Ehefrau aus ihrem Einkommen, und somit aus ihrer Errungenschaft, in den Betrieb, steht ihr bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung zu. Das investierte Einkommen der Ehefrau wird ihr bei einer Scheidung oder im Todesfall also wieder gutgeschrieben. Es ‹verschwindet› nicht einfach im Hof und damit im Vermögen des Ehemannes.»
Kein Grund zur Panik, wenn man es bislang versäumt hat, sich aktiv um seine Vorsorge zu kümmern. Trotzdem lohnt es sich, dies jetzt anzupacken und sich von einer Vorsorge-Fachperson beraten zu lassen, idealerweise unter Einbezug seiner Treuhänderin oder seines Treuhänders. Eine Lohnauszahlung an die Bäuerin ist jederzeit und recht einfach möglich. Etwas aufwendiger und an weitere Voraussetzungen gebunden wäre die Anmeldung als Selbstständigerwerbende.