2019 tritt ein abermals revidiertes Ausstellungsreglement in Kraft. Die Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Rinderzüchter (ASR) hat vergangene Woche einige Anpassungen vorgenommen. Dabei hält man auch künftig am Einsatz von Collodium fest (wir berichteten). Das, obschon ein mögliches Verbot des Zitzenversiegelns zu Ausstellungszwecken gerade erst mit der Motion Kälin auf das politische Parkett gehievt wurde.
Für Markus Gerber, bei der ASR verantwortlich für das Ausstellungsreglement, ist klar: Will der Gesetzgeber dieses Verbot tatsächlich aussprechen, dann obliegt ihm auch die Kontrolle. Vorerst will Gerber aber weiterhin alles daran setzen, «das Problem» branchenintern zu lösen. Neu setzt die ASR daher auf die verstärkte Kontrolle vor dem Schauring.
Nichts Neues
Die Möglichkeit einer solchen Kontrolle habe für die Organisatoren einer Ausstellung schon jetzt bestanden. Nun wird sie von der ASR aber explizit verlangt. «Damit wollen wir die betroffenen Tiere bereits vor dem Betreten des Ringes herausfiltern», erklärt Markus Gerber. Kühe, die aufgrund ihrer Euterfülle im Ring nichts zu suchen hätten, wie er ergänzt. Mit diesem Instrument sollten künftig alle Kühe erreicht werden, nicht nur jene, die aufgrund ihrer Klassierung zum Euterultraschall aufgefordert werden. Kommt es vor dem Ring zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der zuständigen Kontrollinstanz und dem Züchter, könne ein Ultraschallbefund verlangt werden.
Positiv oder negativ
Am Ultraschall will man also weiterhin festhalten. Dort wirft die ASR allerdings die Suche nach den Schweregraden über Bord. «Neu wird nur zwischen positiv und negativ unterschieden», so Markus Gerber. Damit wolle man die Diskussion verhindern, ob nun ein Ödem schlimm oder nicht ganz so schlimm sei. «Wenn Wassereinlagerungen im Euter sichtbar sind, ist dieses überladen», erklärt er.
Dann heisst es: Melken. Denn Milchablassen mittels Sonde ist künftig nicht mehr erlaubt. Andere Sanktionen werden durch die ASR nicht ausgesprochen, wie Gerber gegenüber der BauernZeitung erklärt. Wird eine Kuh zum Melken geschickt, ist sie vom Wettbewerb ausgeschlossen. Weiterreichende Sanktionen zieht Gerber erst dann in Betracht, sollte man die Auswüchse mit diesen angepassten Massnahmen nicht in den Griff bekommen.
Verbandsübergreifend tätig
Das Personal für diese «neuen Kontrollen» wird von jedem grossen Milchviehverband selbstständig rekrutiert. Sie sollen bereits im November auf die bevorstehende Aufgabe vorbereitet werden. Sind sie erst einmal ausgebildet, sollen sie auch verbandsübergreifend zum Einsatz kommen. Damit könne die Unabhängigkeit besser gewahrt werden, heisst es.
Die Zeit drängt. Das Reglement tritt am 1. Januar in Kraft. Dann müssen die Kontrolleure ihrer Aufgabe nachgehen. Und der Fokus liegt wiederum bei den grossen Ausstellungen. «Dort, wo professionelle Kuhfitter zum Einsatz kommen», sagt Markus Gerber.
Eine weitere Anpassung erfährt das Reglement in Sachen Medikamenteneinsatz. Künftig ist es explizit verboten, Ausstellungstiere prophylaktisch medizinisch zu behandeln. Die Tierschutzverordnung verbietet es, kranke Tiere an Wettbewerben teilnehmen zu lassen. «Wann ist ein Tier krank?», fragt Gerber. «Ist der Allgemeinzustand oder die Absetzfrist des Medikaments entscheidend?», ergänzt er und bezeichnet diese Frage als Juristenfutter. Durch das aufgeführte Verbot des vorbeugenden Medikamenteneinsatzes im Reglement sei die Ausgangslage klar: Nicht erlaubt.
Fehlende Eigenverantwortung
Mit der stetig ansteigenden Anzahl an Verboten gleicht das ASR-Reglement zunehmend einer Bedienungsanleitung eines amerikanischen Mikrowellengeräts. Die Eigenverantwortung der Züchter scheint in Sachen Ausstellungen auf ein Minimum abgesunken zu sein. Diese Beobachtung macht auch Markus Gerber. «Ich vermisse die Eigenverantwortung der Züchter», sagt er und beobachtet, dass durch die Verschärfung des Reglements diese sogar noch abgenommen habe.
Welche Folgen diese neuen Anpassungen haben werden, und wie gut die Akzeptanz der Kontrolle sein wird, werden die kommenden Monate zeigen.
Simone Barth