Im Grundsatz dürfen Fliessgewässer heute weder überdeckt noch eingedolt werden. Genau das war im letzten Jahrhundert gängige Praxis, um Flächen für Landwirtschaft und Siedlungsentwicklung zu gewinnen. Die Motion «Bäche nicht in jedem Fall offenlegen» von Ständerat Hansjörg Knecht (SVP/AG) hat verlangt, die Vorschriften zu bestehenden Eindohlungen und Überdeckungen zu ändern: Sie sollten nicht nur bei «erheblichen», sondern generell bei Nachteilen für die landwirtschaftliche Nutzung ersetzt werden dürfen. Dasselbe sollte gelten im Falle eines Kulturlandverlusts.
Mehr Aufwand und Kosten
Der Motionär gibt zu bedenken, vielerorts würden die Behörden in der Praxis die Offenlegung von Bächen anstreben. Die Folge seien neben dem Verlust von Kulturland zerschnittene Parzellen und damit eine aufwendigere Bewirtschaftung sowie höhere Kosten für den Unterhalt und je nach Fall für die Bekämpfung von Neophyten.
Unter 1 Prozent der FFF wäre betroffen
Zur Beurteilung der Motion Knecht hat die Umweltkommission des Ständerats (Urek-S) das Bundesamt für Umwelt einen Bericht erarbeiten lassen. Dieser kommt anhand der Kantone Aargau, Bern, Solothurn und Waadt zu dem Schluss, dass von der grösseren Gerinnebreite und Böschungen (zusammen fünf Meter breit) sowie extensiv bewirtschaftete Uferbereiche (drei Meter breit) offengelegter Bäche insgesamt zwischen 0,1 bis 0,9 Prozent der FFF betroffen wären. Dabei gehen die Autoren des Berichts davon aus, den Flächenbedaf durch maximale Annahmen sogar noch zu überschätzen. «Insgesamt ist der landwirtschaftliche Flächenbedarf für die Öffnung aller Dolen, gemessen an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche, als relativ gering zu beurteilen», so das Fazit.
Positive Wirkung auch auf die Landwirtschaft
Auf der anderen Seite hält das Bafu fest, natürlichere Fliessgewässer hätten neben der Biodiversität auch positive Folgen für die Landwirtschaft: Sie sollen Lebensraum bieten für Bestäuber, der Vernetzung dienen und die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems z. B. gegenüber Extremereignissen wie Hochwasser verbessern.
Kantone bestätigen ausreichenden Spielraum
Zusätzlich hat das Bafu eine Umfrage zur Vollzugspraxis der Bestimmungen übers Eindolen in den Kantonen Aargau, Bern, Freiburg, Solothurn, Waadt und Zürich durchgeführt. Diese betonten, es gebe bereits genügend Spielraum, um den verschiedenen Anliegen gerecht zu werden. Wenn es zu Ausdolungen käme, würden die Landbesitzer früh in die Planung miteinbezogen.
Die beiden Berichte des Bafu vermochten die Urek-S offenbar zu überzeugen: Sie hat die Motion von Hansjörg Knecht abgelehnt, da den Bedürfnissen der Landwirtschaft bereits ausreichend Rechnung getragen werden könne.