Sie kann einem also definitiv ein Vorbild sein, meine fleissige Mutter. Sie arbeitete rund drei Jahrzehnte in der Pflege – familienbedingt vorwiegend in einer Teilzeitanstellung. Nicht selten sah ihr Tag so aus: Nach dem frühmorgendlichen Stalldienst galt es, drei quirlige Kinder gut genährt und pünktlich aus dem Haus zu beordern. Während dem sie zum Beispiel in unserer Christbaumkultur arbeitete und das Mittagessen bereits im Ofen vorbereitet war, wird sie sich zig Gedanken gemacht haben: «Die älteste Tochter braucht eine neue schwarze Hose für das nächste Musikkonzert … der Mittlere hat bald Schulreise … und bei der Kleinsten steht der nächste Zahnarzttermin an – wie organisiere ich die Fahrt? Ein Göttibueb hat bald Geburtstag … und die Schwiegereltern haben noch Honig bestellt …». Am Mittag war es wichtig, dass alle Geschichten der Kinder aus der Schule ihren Platz und Würdigung fanden. Der Haushalt wurde gemanagt und abends hatten die Kühe Freude, dass alles sauber ausgemistet wurde. Nach so einem (All-)Tag hiess es nicht selten: Spätdienst im Altersheim.
Bessere Rente für tiefere Einkommen
So wie meiner Mutter ging und geht es vielen anderen Frauen und insbesondere Bäuerinnen. Frauen leisten eine enorme (unbezahlte) Arbeit. Umso wichtiger, dass sie für die bezahlte Arbeit später einmal eine ordentliche Rente erhalten. Dies ist heute oft nicht der Fall. Unsere zweite Säule muss dringend reformiert werden. Die letzte grössere Revision ist 20 Jahre her!Jetzt ist es einer Allianz aller Parteien aus der Mitte und dem bürgerlichen Lager gelungen, einen breit getragenen Kompromiss zu verabschieden: Die BVG-Reform modernisiert die berufliche Vorsorge. Tiefe Einkommen erhalten eine bessere Rente. Ältere Erwerbstätige werden auf dem Arbeitsmarkt gestärkt. Die Übergangsgeneration bekommt einen fairen Rentenzuschlag.
Wie meine Mutter haben viele Bäuerinnen zusätzlich zu ihrer Tätigkeit auf dem Betrieb eine weitere Teilzeitanstellung. Für diese Arbeiten erhalten sie heute oft keine oder kaum eine Rente. Das ist ein echtes Armutsrisiko im Alter. Das darf bei regelmässigen 14-Stunden Tagen einfach nicht sein. Eine gute Pensionskasse ist der beste Schutz vor Armut im Alter.
Wichtig gerade in der Landwirtschaft
Die BVG-Reform bringt hier entscheidende Verbesserungen. Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigte sowie tiefe Einkommen erhalten eine optimierte zweite Säule.
Und: Die berufliche Vorsorge sichert nicht nur die Altersrente ab, sondern garantiert auch Leistungen im Todesfall und bei Invalidität. Dies bedeutet für zehntausende Personen und ihre Familien eine deutlich bessere Absicherung bei schweren Schicksalsschlägen. Gerade auch in der Landwirtschaft ist dies ein äusserst wichtiger Aspekt.
Ich bin sehr froh, dass der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) die BVG-Reform unterstützt. Präsidentin Anne Challandes hat die Gründe für das Ja in der BauernZeitung jüngst ausführlich dargelegt. Mit einem Ja zur BVG-Reform können die bürgerlichen Kräfte das 3-Säulen-System nachhaltig stärken. Ein Nein würde hingegen einzig den Linken und den Gewerkschaften Aufwind geben.
Zur Person
Franziska Steiner-Kaufmann ist Bäuerin, Kantonsrätin und Präsidentin von Die Mitte St. Gallen. Sie schreibt für die Arena der BauernZeitung Ostschweiz/Zürich.