Ziel der Petition sei es, eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von hauptsächlich aus dem Ausland stammenden Landarbeiterinnen und Landarbeitern anzustossen. Dahinter steht das Netzwerk «Widerstand am Tellerrand», dem neben der Kleinbauern-Vereinigung, Unia und Uniterre auch verschiedenen Solawi-Projekte und politische Parteien wie Grüne Schweiz, das Grüne Bündnis Bern und die Zürcher SP angehören.
Eine vergessene Problematik
Nach Ansicht des Netzwerks wurden die «prekären Arbeitsbedingungen» von familienfremden Arbeitskräften in der Landwirtschaft in der Schweiz bisher viel zu wenig politisch thematisiert. Gleichzeitig solle diese Diskussion zu einer breiteren gesellschaftspolitischen Debatte für eine sozial-ökologische Transformation der Nahrungsmittelproduktion beitragen. Dabei soll es auch um Preise gehen.
Können sich Landwirte höhere Löhne leisten?
Die Verantwortlichen scheinen sich bewusst zu sein, dass weniger Arbeitsstunden und höhere Löhne für die Arbeitgeber – sprich Bauernfamilien – eine hohe finanzielle Belastung bedeuten können. Hier sieht man die Verantwortung bei der Politik, denn es könne nicht sein, dass finanzielle Not quasi nach unten weitergegeben werde. Vielmehr gelte es, bei der Preisstruktur und insbesondere an hohen Detailhandels-Margen anzusetzen.
Im Interesse von Bäuerinnen und Bauern
Mit durchschnittlich 55 Stunden pro Woche, wie sie die kantonalen Normalarbeitsverträge (NAV) in den Kantonen Bern und Zürich vorschreiben, seien z. B. Stellen als Erntehelfer auf Gemüsebetrieben für Schweizer(innen) unattraktiv. Auch ausländische Arbeitskräfte zu rekrutieren, werde zunehmen schwieriger. «Auch die Schweizer Bäuer(innen) müssten doch ein Interesse daran haben, dass die Arbeit in der Landwirtschaft attraktiver wird», schlussfolgert das Netzwerk. Ausserdem schone eine angemessenere Arbeitszeit die Gesundheit und reduziere die Unfallgefahr.
Was den Lohn angeht, müsse zudem die harte Arbeit berücksichtigt werden, die bei jedem Wetter zu leisten ist. «Wieso soll eine Beschäftigung in einer systemrelevanten Branche nicht zu einem würdigen Leben in der Schweiz reichen und gar ein Armutsrisiko darstellen?»
Vorstoss mit mehreren Forderungen
Die Petition «55 Stunden sind zu viel! Bessere Arbeitsbedingungen von landwirtschaftlichen Angestellten» stellt folgende Forderungen:
- Anpassung der Normalarbeitsverträge (NAV) in den Kantonen Bern und Zürich an die üblichen Schweizer Arbeitsbedingungen.
- D. h. 45 Stundenwoche im Jahresdurchschnitt mit Begrenzung der Überstunden.
- Und die Einführung eines verbindlichen Mindestlohns von 4000 Franken brutto pro Monat.
- Ausserdem solle die Landwirtschaft dem Schweizer Arbeitsgesetz unterstellt werden.
Die Petition wurde am 18. Oktober der Berner und der Zürcher Regierung übergeben. «Nun sind wir gespannt auf die Antworten», schreiben die Verantwortlichen in einer Mitteilung.