Unaufhörlich werden wir täglich mit Negativmeldungen über Krisen und Katastrophen überschüttet. Wir leben in einer Dauerkrise, wenn man gewissen Kreisen glauben würde. In meiner Gemeinde Wil SG wurde vom Stadtparlament im Jahr 2019 sogar der Klimanotstand ausgerufen. Bis 2030 soll die Stadt klimaneutral sein.
Solche realitätsfremden Beschlüsse erzeugen bei mir nur Kopfschütteln und Zweifel, ob diese Politiker bei klarem Verstand waren. Ich bin selbst in der Kantonalpolitik und weiss, dass es leider solche «Aussetzer» gibt. Einen Notstand über 10 Jahre auszurufen, ist meiner Meinung nach Effekthascherei, einfältig und lächerlich.
Sie sorgen für Klicks und Auflagen
Auch viele sogenannte unabhängige, staatlich finanzierte Wissenschaftler überschlagen sich in Katastrophenszenarien und verbreiten Weltuntergangsstimmung. Diese «Fachleute» werden in den Medien gern präsentiert, da solche Schlagzeilen Klicks und Auflagen erzeugen. Was mich stört, ist diese unkritische Übernahme von Aussagen wie «Kuh = Klimakiller» und «Fleisch = umweltschädlich» oder «moderne Landwirtschaft = biodiversitätszerstörend». Da wird zum Beispiel Schweizer Tierhaltung mit der ganzen Welt gleichgestellt – völlig absurd.
Solche pauschalen Behauptungen zeigen eigentlich schon die Unwissenschaftlichkeit der Arbeit dieser sogenannten Fachleute. In den Medien werden keine Bauern befragt, immer nur Spezialisten mit einem Doktortitel. Und diese übersehen meistens die Gesamtsicht und so gibt es die oben genannten Schlagzeilen.
Immer die schlechtesten Szenarien
Meine Feststellung ist, dass die meisten die gleichen Grundlagen benutzen, ohne deren Herkunft und Umgebung zu hinterfragen. So gibts diesen wissenschaftlichen Einheitsbrei und es werden auch immer die schlechtesten Szenarien angenommen. Ich staune auch ob der tausenden Klimawissenschaftler, die es scheinbar gibt in Europa. Diese erhalten sich ihre Daseinsberechtigung sehr geschickt mit teils abstrusen Studien und produzieren so Schlagzeilen.
Zum Glück gibt es noch Wissenschaftler wie den Biologen Marcel Züger, welcher die Sicht auch aus der Praxis hat und die Zusammenhänge mit der Bewirtschaftung aus der Praxis erkannt hat. Auch beim Thema Wolf bringt er mit einer anderen Sichtweise die Auswirkungen auf die Biodiversität zur Sprache. Er getraut sich, mit klaren Fakten öffentlich aufzutreten und so gegen die allgemeine Wissenschaftselite und den Mainstream Klartext zu reden. Dies erzeugt sofort einen Aufschrei, aber die Fakten sind eben klar. Die Flächen wurden stets erweitert und seit 20 Jahren gehts aufwärts bei vielen Insekten und Vögeln.
Wo ist der praktische Nutzen?
Es sollte mehr solche couragierten Menschen geben, vor allem aus der landwirtschaftlichen Forschung (FiBL, Agroscope usw.). In der landwirtschaftlichen Beratung hat es viele gute Leute, die am Puls der Betriebe sind. Vom Bundesamt für Landwirtschaft und Branchenvertretungen werden millionenteure Projekte wie «Klimastar» initiiert, medial ausgeschlachtet und im Scheinwerferlicht präsentiert. Der praktische Nutzen ist an einem kleinen Ort.
Die Labels wursteln alle selbst, um sich von den anderen abzuheben, und machen den Labelsalat perfekt. Jeder macht noch mehr Vorschriften und dies wird endlos weitergetrieben. Im Bio-Knospe-Bereich gibts etliche Austritte und ich kann dies nachvollziehen.
Gesucht sind: wirkliche Fachpersonen, welche Theorie und Praxis verstehen und sich auch getrauen, dies zu vertreten, andere gibts genug.
Zur Person
Sepp Sennhauser ist Co-Präsident von Bio Ostschweiz und St. Galler Mitte-Kantonsrat. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.