«A-Richtpreis sinkt auf 79 Rappen», hiess es Ende November 2023. Am 1. März 2024 stehen die nächsten Verhandlungen in der Branchenorganisation Milch (BOM) an. Big-M, die Basisorganisation für einen fairen Milchmarkt, nimmt den Ball auf: «Wieso der Richtpreis wohl nicht steigen wird», schreibt sie in ihrem aktuellen Newsletter. Der Index des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) zeige zwar im Moment eine notwendige Erhöhung an, aber der «zweifelhafte Deal vom Frühling 2022» werde dies wahrscheinlich verhindern.
Index zeigt leicht nach oben
Es geht dieser Tage um die Festlegung des Richtpreises für A-Milch, der für das zweite Quartal 2024 gelten soll. «Die Verhandlungen werden sich um die Frage drehen, ob der Richtpreis bei 79 Rappen bleibt», erklärt BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler. Der von Big-M angesprochene Index komme zum Zug, falls eine Einigung ausbleibe. «Der Index zeigt derzeit zwar leicht nach oben, es reicht aber nicht zu einem Automatismus für einen höheren Richtpreis», so Kohler.
Einigung auf Preis über dem Index
Der Index des BLW gab bereits in der Vergangenheit zu reden, doch erst ab einer gewissen Höhe steigt der geltende Richtpreis automatisch an. Big-M rekapituliert die Entwicklungen der Richtpreise seit dem Frühling 2022, als sich die Branche im März auf eine Erhöhung des A-Richtpreises um 5 Rappen für den April geeinigt hatte. Der Richtpreis wurde damals bis zum Jahresende fixiert. «Diese Erhöhung ging weit über das hinaus, was damals vom Index her angezeigt war», gibt Stefan Kohler zu bedenken. Der Kompromiss habe darin bestanden, dass in der Index-Berechnung eine Korrektur vorgenommen worden sei, damit die Preiserhöhung nicht noch zu mehr Preiserhöhungen geführt hätten – denn der Index basiere auf vergangenen Entscheiden. «Die Produzenten konnten ihre Forderungen also gegenüber den Abnehmern durchsetzen», fasst Kohler zusammen.
Erhöhung durch Fixierung entgangen
Für Big-M indes ist hingegen klar, dass dieser «Deal» für die Produzenten ein Nachteil war. Statt dass der Richtpreis gemäss Index per 1. April 2022 um 3 Rappen und «aller Wahrscheinlichkeit nach» im Juli jenes Jahres um weitere 2 Rappen gestiegen wäre, sei eine Erhöhung um jeweils 2,5 Rappen per 1. April und per 1. Mai beschlossen worden. «Somit wurde für knapp zwei Monate ein um 2 Rappen höherer Milchpreis ausgehandelt. Im Gegenzug wurde der Richtpreis bis Ende 2022 eingefroren», kritisiert Big-M. So habe man eine weitere Milchpreiserhöhung – um weitere 5 Rappen – per Oktober verhindert. Nach Aufhebung der Sperre (per 1. Januar 2023) habe die Erhöhung lediglich 3 Rappen betragen.
«Es war kein Einfrieren», hält Stefan Kohler dagegen. Seinen Ausführungen zufolge lag es am oben erwähnten Kompromiss bzw. der Umstand, dass der Preisindex des BLW vergangenheitsbezogen ist, dass der Richtpreis bis Ende 2022 stabil blieb. Bekanntlich sei der Richtpreis ja auch noch auf 2023 weiter gestiegen (auf 81 Rappen) und erst per Januar 2024 auf das Niveau von 2022 gesunken.
Abzug als «Pferdefuss»
Als «bisher nicht kommunizierten Pferdefuss» des Deals vom Frühling 2022 in der BOM nennt Big-M einen zukünftigen Abzug von rund 1 Rappen in der Berechnung des Richtpreises, solange dieser nicht unter 76 Rappen falle. Stefan Kohler bestreitet zwar nicht die Existenz eines solchen Abzugs, begründet ihn aber anders. Der Richtpreis sei per 2024 gesunken, weil der EU-Milchpreis um rund 15 Rappen eingebrochen sei und damit den BLW-Index stark nach unten gezogen habe. «Mit dem beschlossenen Abzug vom Frühjahr 2022 hat das nichts zu tun» hält er fest. Der von Big-M vermutete Abzug sei gerechtfertigt und damals auch von den Produzenten gutgeheissen worden – es handelt sich demnach um das Resultat der Verhandlungen in der BOM, an deren Ende die Preiserhöhung um 5 Rappen gestanden hatte. «Die Produzenten waren und sind nach wie vor die Gewinner aus dem Deal, da der höhere Richtpreis bis heute nachwirkt», ist der BOM-Geschäftsführer überzeugt.
Es braucht Kompromisse
Wie der Richtpreis für das nächste Quartal zu liegen kommt, entscheidet sich am kommenden Freitag. Big-M zeigt sich hoffnungsvoll, dass sich eine 2/3-Mehrheit sowohl auf Produzenten- als auch Verarbeiterseite in der BOM für eine Erhöhung finden wird. «Argumente für einen solchen Schritt gäbe es zuhauf», ist sich die Basisorganisation sicher. Auch Stefan Kohler schliesst nicht aus, dass ein höherer Richtpreis durch Mehrheiten auf beiden Seiten zustande kommt. «Vom Index abweichende Entscheide gab es in der Vergangenheit immer wieder», bemerkt er. Dabei sei jeweils jene Seite, die etwas zu verlieren habe, stets bereit, einen Kompromiss einzugehen. Es brauche also die Bereitschaft für ein Entgegenkommen in einem anderen vom Vorstand behandelten Geschäft oder für eine Anpassung im Berechnungssystem – wie es vor zwei Jahren der Fall war.