Am 31. Oktober 2024 werden schweizweit wieder 260 000 Schülerinnen und Schüler mit einem Glas Milch für die Pause versorgt. «Dabei wird auf genussvolle Weise auf die Bedeutung von Milch in einer ausgewogenen Ernährung aufmerksam gemacht», ist auf der Seite von Swissmilk zu lesen, die den Tag organisiert und finanziert. Die Wogen angesichts dieser Aktion gehen, wie zu erwarten, hoch: Tierschützende, die bemängeln, dass in den vorangehenden fachlichen Inputs durch Bäuerinnen die Milchproduktion in ein allzu idyllisches Licht gerückt werde und Umwelt- und Tierleidprobleme unter den Tisch gekehrt werden. Milchproduzenten, die in der Pausenmilch eine wichtige, verschwindende Tradition sehen und der wachsenden Beliebtheit von Pflanzendrinks insbesondere in der jungen Generation mit Besorgnis entgegenblicken.
Kindern die Pausenmilch näherbringen
Die Wortgefechte, die angesichts des Pausenmilchtages entfacht werden, stellen bezüglich Emotionalität jede Halloween-Diskussion in den Schatten: Es geht um viel, nicht um ein Glas Milch, sondern um eine ganze ethische Grundeinstellung und die Frage, inwieweit Staat und Schule die Ernährungsgewohnheiten der Kinder mitbestimmen und prägen sollen und dürfen. Am Tag selber soll es nämlich nicht nur darum gehen, den Kindern die Pausenmilch näherzubringen, sondern es wird auch zur Bedeutung der Milch für eine gesunde Ernährung informiert und den direkten Kontakt zu den Produzierenden hergestellt. Swissmilk beschreibt den Tag wie folgt: Durch den Genuss einer Portion Pausenmilch sammeln die Schülerinnen und Schüler sinnliche Erfahrungen. Der Tag der Pausenmilch als sinnliches Erlebnis kann im Unterricht mit den Themen Gesundheit, Genuss und Nachhaltigkeit verknüpft werden.
Grundsätzlich keine schlechte Sache: Kindern die bäuerliche Produktion näher bringen und den Kontakt zu lokalen Landwirten ermöglichen, bedeutet auch, ihnen den Wert der Schweizer Produktion zu vermitteln und erfahrbar zu machen, sodass sie später vielleicht eher auf Bauernhofeier statt Billigimportware zurückgreifen.
Keine pflanzlichen Alternativen angeboten
Irritierend dabei ist jedoch der einseitige Fokus auf Kuhmilch, deren Konsum als gesundheitsfördernd gepriesen wird, was weder durch empirische Forschung belegt ist noch in der aktuell pro Kopf konsumierten Menge von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung empfohlen wird. Zudem wird an diversen Schulen Erdbeer- oder Schoggimilch ausgeschenkt, alles bestellbar und rückvergütet durch Swissmilk, was den gesundheitlichen Mehrwert der Pausenmilch natürlich ins Gegenteil verkehrt. Werden auch pflanzliche Alternativen angeboten, müssen diese von der Schule selber finanziert werden und erhalten keinerlei Unterstützung.
In der heutigen Ausgestaltung gleicht der Tag der Pausenmilch also tatsächlich eher einer Absatzförderung oder Lobbyveranstaltung eines Branchenverbandes, der nicht nur seine Produkte bewirbt, sondern mittels Unterrichtsmaterialien auch direkt in den Schulbetrieb eingreift. Man stelle sich vor, die Thurgauer Tofuhersteller würden an Schulen zum hohen Proteingehalt von Tofu dozieren und Tofuburger verteilen – der Aufschrei wäre riesig. Die Tatsache, dass Swissmilk zudem zu 22 Prozent durch Bundesmittel finanziert ist, wirft doch einige Fragen bezüglich Gleichberechtigung aller landwirtschaftlichen Produzenten auf. Warum geniesst die Milch durch diese vom Bund mitfinanzierte Werbeaktion einen Sonderstatus gegenüber den Schweizer Hafer- oder Sojaproduzenten? Schliesslich sind auch die Produzenten von Schweizer Getreide- und Sojadrinks Teil des Bauernstandes und auch die Drinks sind landwirtschaftliche, hochwertige Produkte, die in der heutigen Zeit attraktive Alternativen bieten.
Entsprechende Rohstoffe anbauen
Statt also die einzelnen Produzierenden gegeneinander auszuspielen und sich in rhetorischen Grabenkämpfen um Begriffe wie Schnitzel oder Wurst zu verlieren, wäre es doch ganz im Sinne der Bäuerinnen und Bauern, künftig am Tag der Pausenmilch auch zum Anbau von Schweizer Soja und Hafer zu informieren und entsprechende Drinks anzubieten. Das würde die Milch keineswegs aus dem Markt drängen, sondern wäre eine Chance für Landwirte, die dem wachsenden Bedarf an pflanzlichen Alternativen nicht mit Ablehnung, sondern mit dem Anbau der entsprechenden Rohstoffe begegnen – auch dies wäre eine Stärkung der Schweizer Landwirtschaft und im Sinne der Gleichberechtigung und der ausgewogenen Information an Schulen mehr als wünschenswert.
Zur Person
Meret Schneider aus Uster ZH ist Politikern der Grünen Partei. Sie schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.