First things first: «Der Bundesrat hat heute entschieden, die Situation als «ausserordentliche Lage» einzuordnen.» Mit diesem Satz machte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga am Montag, 16. März 2020, kurz nach 17 Uhr klar, dass die Schweiz im Kampf gegen das Corona-Virus die Massnahmen verschärft. Die Entscheidung des Bundesrats hat zur Folge, dass alle Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe bis am 19. April 2020 geschlossen werden. Wie der Bundesrat sagt, sind von diesem Verbot Gesundheitseinrichtungen und Lebensmittelläden ausgenommen.
Versorgung ist sichergestellt
Zwar wird mit den verschärften Massnahmen das öffentliche Leben stark eingeschränkt. «Das Leben geht weiter; langsamer, und auf engerem Raum – aber es geht weiter.» Das sagte Bundesrat Alain Berset vor den Medienschaffenden im Bundesmedienzentrum in Bern. Berset erklärte dann auch die Details, die ausserordentliche Lage mit sich bringt. Und Berset wies explizit darauf hin, dass Hamsterkäufe nicht notwendig seien. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten sei sichergestellt, so Berset.
«Und hier noch ein Aufruf an die Bevölkerung: Die Versorgung mit Nahrungsmittel und Medikamenten ist sichergestellt.»
Bundesrat Alain Berset an der Medienkonferenz vom 16. März 2020.
Und jetzt noch etwas ausführlicher: Der Bundesrat hat am Montagabend nach 17 Uhr das gemacht, was viele Menschen schon gefordert haben – schärfere Massnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus ergriffen. Konkret hat der Bundesrat entschieden, dass die Situation im Umgang mit dem Coronavirus als «ausserordentliche Lage» eingeordnet werden muss. Das hat zur Folge, dass alle nicht-kritischen Infrastrukturen ab Mitternacht bis am 19. April 2020 geschlossen werden.
Testzentrum in Bern
Für Schnelltests baut der Kanton Bern ein Testzentrum auf. Diese Tests sollen bereits am selben Tag Resultate über die Infektion mit dem neuartigen Coronavirus liefern. Damit sollen Virenherde erkannt und Quarantänemassnahmen frühzeitig und gezielt eingeleitet werden.
Geplant ist, dass das Berner Testzentrum Anfang nächster Woche seinen Betrieb aufnehmen wird.
Freizeit- und Unterhaltungsbetriebe werden geschlossen
Davon betroffen sind Freizeit- und Unterhaltungsbetriebe wie Museen, Bibliotheken, Kinos, Konzert- und Theaterhäuser, Sportzentren, Schwimmbäder und Skigebiete. Auch andere öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Einkaufsläden und Märkte sowie Betriebe mit personenbezogenen Dienstleistungen mit Körperkontakt wie Coiffeur-Salons oder Tattoo-Studios müssen geschlossen werden. Von der Schliessung nicht betroffen sind Betriebe, die Güter des täglichen Bedarfs herstellen. So werden unter anderem Bäckereien, Metzgereien, Betriebe der Lebensmittelindustrie und Detailhandelsfilialen nicht geschlossen. Ebenso wird die für die Versorgung notwendige Logistik nicht direkt von den Massnahmen betroffen sein.
Tierarztpraxen und -kliniken bleiben offen
Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) informiert, dass Tierarztpraxen die medizinische Grundversorgung für Heim- und Nutztiere weiterhin gewährleisten werden.
Man nehme aber nur zwingend notwenige Behandlungen vor und erhalte den Notfalldienst.
Genügend Vorräte und funktionierende Lieferketten
Die Versorgung mit Lebensmitteln war an der Medienkonferenz mehrmals Thema. Zunächst, wie bereits geschildert, durch den Aufruf von Alain Berset. Später hat Simonetta Sommaruga auf eine Frage einer Medienschaffenden bekräftigt, dass die Versorgung mit Nahrungsmittel und Medikamenten sichergestellt ist. In der Medienmitteilung schreibt der Bundesrat ausserdem, dass genügend Vorräte angelegt sind. «Lebensmittelläden, Take-aways, Betriebskantinen, Lieferdienste für Mahlzeiten und Apotheken bleiben geöffnet, ebenso Tankstellen, Bahnhöfe, Banken, Poststellen, Hotels, die öffentliche Verwaltung und soziale Einrichtungen», heisst es weiter.
Verteidigungsministerin Viola Amherd, die die grösste Mobilmachung der Schweizer Armee seit dem zweiten Weltkrieg zur Unterstützung ziviler Einrichtungen verantwortet, wies zudem darauf hin, dass sämtliche kritischen Infrastrukturen intakt seien. Gemeint sind damit Einrichtungen im Gesundheitswesen ebenso, wie Betriebe der Land- und Ernährungswirtschaft.
Zuchtverbände stellen Milchleistungsprüfung und lineare Beschreibung bis Ende April ein
Die Zuchtverbände Braunvieh Schweiz, Swissherdbook und Holstein Switzerland werden die Aussendienstaktivitäten stark reduziert. Davon betroffen sind zwei Dienstleistungen: die Milchleistungsprüfung und die lineare Beschreibung. Die Milchleistungsprüfung wird gemäss den Verbänden per sofort bis Ende April eingestellt. Grund dafür ist die Tatsache, dass rund zwei Drittel der Kontrolleure zur Risikogruppe gehöre. Die Lineare Beschreibung und Einstufung wird gemäss Mitteilung vom Montagabend ab 18. März bis auf Ende April 2020 eingestellt. «Mit dieser Massnahme möchten wir vermeiden, dass unsere LBE-Experten zur Verbreitung des Coronavirus beitragen.» heisst es in der Medienmitteilung weiter.
Die Delegiertenversammlung vom 9. April hat Holstein Switzerland abgesagt, einen neuen Termin kann man derzeit nicht fixieren.
Braunvieh Schweiz schreibt, dass sämtliche Frühlingsanlässe auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, die DV wird auf den 20. Mai 2020 verschoben.
Swissherdbook hat die DV vom 7. April abgesagt, als Ersatzdatum wurde provisorisch der 26. Mai festgelegt.
Beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung – das unter anderem für die Pflichtlagerhaltung verantwortlich ist – heisst es explizit, dass die Versorgung mit «lebenswichtigen Nahrungsmitteln» sichergestellt ist. Die Pflichtlager (unter anderem für Zucker, Getreide, Öle) reichen aus, um den Bedarf für drei bis vier Monate zu decken. Dass am vergangenen Wochenende trotzdem leere Regale vorzufinden waren, hat dann vor allem damit zu tun, dass die Lieferketten kurzfristig nicht auf den Nachfrageanstieg reagieren können. «Die Versorgung mit Lebensmitteln ist jedoch sichergestellt.»
Abstand halten
Der Bundesrat ruft die Bevölkerung dazu auf, «alle unnötigen Kontakte zu vermeiden, Abstand zu halten und die Hygienemassnahmen zu befolgen. Er ruft insbesondere auch die ältere Bevölkerung dazu auf, zu Hause zu bleiben», heisst es weiter.
Der bundesrätliche Entscheid ist in einer Verordnung festgeschrieben - genauer in der Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Die Verordnung stützt sich auf das Epidemiegesetz, wonach der Bundesrat unter bestimmten Voraussetzungen das Recht hat, weitergehende Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu erlassen.
Bundesrat will Bevölkerung schützen
Wie an der Medienkonferenz des Bundesrates vom Montag wieder deutlich wurde, geht es in erster Linie darum, den Kollaps des Gesundheitswesens durch zu viele Covid-19-Fälle zu verhindern. Simonetta Sommaruga etwa erklärte, dass die Massnahmen jene Menschen schützen soll, die auf die medizinische Behandlung angewiesen seien - Krebspatienten, Unfallopfer oder Menschen, die auf eine wichtige Operation warten.
Die ganze Medienkonferenz des Bundesrats vom 16. März 2020:
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Die Parteien stehen geschlossen hinter dem Beschluss des Bundesrates. Eine gemeinsame Medienmitteilung unter dem Titel «Eine/r für alle - alle für eine/n» schreiben sie, dass die bundesrätlichen Massnahmen zwar einschneidend, «aber dringend notwendig» seien, um den drohenden Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern und die Krise zu bewältigen. «Die politischen Parteien stehen vereint und vorbehaltlos hinter dem Bundesrat», heisst es weiter.
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