«Wir sind dann mal weg», heisst es auf der Einladung zum Bäuerinnenforum des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL) zum Thema Generationenwechsel, das am Dienstag in Weinfelden stattfand. Während der Spruch salopp und mit einem Augenzwinkern daherkommt, ist die Betriebsübergabe in der Regel eine grössere Sache, die eine Menge Vorbereitung fordert, bis es tatsächlich soweit ist. 

Auch Fehler gehören dazu

«Das geht nicht von heute auf morgen», sagte Daniel Vetterli, VTL-Vorstandsmitglied. Zusammen mit seiner Frau Käthi Vetterli ging er auf den Veränderungsprozess ein, der einer Betriebsübergabe vorausgeht. Die beiden führen gemeinsam einen Biobetrieb in Rheinklingen, und obwohl sie bis zur Pensionierung noch einige Jahre vor sich haben, befassen sie sich bereits heute mit der Übergabe an einen der Söhne. «Die Vorlaufzeit ist nicht zu unterschätzen», so Daniel Vetterli. 

Häufig beginnt diese Phase, wenn die Kinder erwachsen geworden sind und der spätere Nachfolger vielleicht bereits auf dem Hof mitarbeitet. Dann sollte man als Eltern die Jungen auch mal machen lassen, ihnen ein Stück Verantwortung abgeben oder sogar einen eigenen Betriebszweig. Den Jungen sollten auch Fehler erlaubt sein, nur daraus könne man lernen. «Wichtig ist, dass sich die Beteiligten immer wieder an einen Tisch setzen und miteinander reden», sagte Käthi Vetterli. Dies gilt auch dann, wenn eine Partnerin dazu kommt, aus der neuen Generation eine Familie wird. Nicht zu vergessen sind die Geschwister des Jungbauern oder der Jungbäuerin, die ebenfalls an den runden Tisch gehören, wenn es um die Übergabe geht. 

Plötzlich nicht mehr Ansprechpartner sein

Zu klären sind vorab viele Fragen, so etwa die Art der Übergabe (Pacht oder Verkauf?), Fi­nanzierung, Altersvorsorge und Wohnsituation, was für beide Generationen eine grundlegende Auseinandersetzung mit ihren Wünschen und Möglichkeiten bedingt. Dazu kommen emotionale Aspekte: «Für die Übergebenden heisst es, loslassen können, nicht mehr Ansprechpartner sein, auch wenn man weiterhin auf dem Betrieb weiterarbeitet», hielt Daniel Vetterli fest.

AboZwei Generationen: Oliver, Marina, Annemarie und Willi Vogt (v. l. n. r.) mit den beiden 100 000er-Kühen Bria (links) und Berenice. Dazwischen die Hündin Pagira.Sommerserie GenerationenwechselBei Familie Vogt steht die Hofübergabe an: «Wir treffen uns täglich beim Mittagstisch»Donnerstag, 28. Juli 2022 Ein Beispiel für eine Bauernfamilie, die gerade eine Betriebsübergabe hinter sich hat, ist die Familie Hug aus Kesswil. René und Vroni Hug, beide 53 Jahre alt, haben ihrem Sohn Jan, einem Meisterlandwirt, auf Anfang Jahr den Munimast-, Acker- und Obstbaubetrieb übergeben. Sie selbst hatten diesen 2015 von René Hugs Eltern übernommen. Von Anfang an war dem Ehepaar klar gewesen, dass Jan den Betrieb in wenigen Jahren weiterführen kann, wenn er dazu bereit ist.

Endlich befreit von der Bürokratie

Die Eltern, die noch länger nicht im Pensionsalter sind, führen nun ihr Lohnunternehmen weiter. «Daher haben wir sicher nicht den typischen Generationenwechsel vollzogen», räumt Vroni Hug ein. Dennoch hatten sie sich mit den Themen auseinanderzusetzen, welche eine Betriebsübergabe mit sich bringt. So stellte sich etwa die Frage, wer zukünftig im Bauernhaus wohnt. Schliesslich kam es zum Tausch: Der Sohn und die zukünftige Schwiegertochter zogen ins Haus, während die Eltern in die Mietwohnung im Dorf wechselten. Für Vroni Hug bedeutete dies, ihren geliebten Garten der jüngeren Generation zu übergeben. «Mir war wichtig, ihn loszulassen und mich nicht weiterhin einzumischen, so die Mutter. «Auch die junge Bäuerin soll ihren Freiraum bekommen.» Auch René Hug machte einen entspannten Eindruck. Er schätze es beispielsweise, nicht mehr die ganze Bürokratie am Hals zu haben.

Das Bäuerinnenforum zum Generationenwechsel wird von der VTL-Kommission Frauen in der Landwirtschaft organisiert. Teil 2: «Hallo, da bin ich/sind wir!» findet am 13. November um 20 Uhr im Festsaal Restaurant Traube in Weinfelden statt. Der Eintritt ist frei (Kollekte).

«Gut vorbereitet für die Hofübergabe», Arenenberg. Die Kurse finden regelmässig statt, der nächste am 16. Februar 2024. Weitere Informa­tionen www.arenenberg.tg.ch.

Klare Regeln sind gefragt

Im Kanton Thurgau gibt es jährlich 70 bis 80 landwirtschaftliche Bewirtschafterwechsel. In den nächsten Jahren könnte die Zahl etwas ansteigen, da die Jahrgänge der Babyboomer ins Pensionsalter kommen. Die Übernahme erfolgt gemäss Schätzungen des Landwirtschaftsamtes bei 20 bis 25 Prozent durch Frauen, die Übernahmen durch die Ehefrau miteingerechnet.  «Der Anteil an Betriebsleiterinnen hat auch im Kanton Thurgau in den letzten Jahren zugenommen», sagt Christine Heller, Beraterin am Arenenberg.

Seit vielen Jahren bietet der Arenenberg Tageskurse zur Hofübergabe an. Pro Kurs nehmen meistens zwischen 40 und 50 Personen teil. «Wir begrüssen es, wenn alle Beteiligten, also beide Generationen, den Kurs möglichst gemeinsam besuchen», so Heller. «Auch in der Beratung sind wir bestrebt, beide Generationen an einem Tisch zu haben.» Neben den finanziellen Belangen, der Altersvorsorge und der Absicherung mittels Ehe- und Erbvertrag sei es wichtig, auch die zwischenmenschlichen Themen konkret anzusprechen. Ziel sei es, für beide Seiten klare Regelungen für das Zusammenleben und Zusammenarbeiten zu finden.