Im Zeitraum um die Pflanzenschutz-Initiativen im vergangenen Jahr hatte der Begriff «Agribashing» oder «Bauernbashing» Hochkonjunktur. Viele Landwirtinnen und Landwirte fühlten sich von der restlichen Bevölkerung allzu stark kritisiert, zu Unrecht an den Pranger gestellt und für alle möglichen Probleme verantwortlich gemacht.

Ein Student der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen hat in seiner Abschlussarbeit untersucht, wie gross der gesellschaftliche Druck auf die Landwirtschaft ist, wie er sich bemerkbar macht und wie dieser Druck abgebaut werden könnte.

Studie am Puls der Zeit

«Agribashing – Mythos oder Realität» lautet der Titel von Simon Birrers Bachelorarbeit, die im vergangenen Sommer publiziert wurde. Der Landwirt und Agronom greift darin ein Thema auf, das vielen in der Landwirtschaft tätigen Personen unter den Nägeln brennt, nämlich den grossen Druck, der vonseiten der Gesellschaft auf die Landwirte und Landwirtinnen einwirkt.

Birrer interessiert, wie dieser Druck von den Betroffenen wahrgenommen wird und ob es sich dabei um Formen von Agribashing handelt. Der englische Begriff «to bash» bedeutet in etwa so viel wie «heftig auf jemanden einschlagen». Gemeint ist damit heftige, herablassende und ungerechtfertigte Kritik.

Welchen Stellenwert das Thema hat, zeigt beispielsweise auch der bäuerliche Sorgenbarometer, den die BauernZeitung im vergangenen Jahr erstellt hat. Das Image der Landwirtschaft sowie die beiden Pflanzenschutz-Initiativen erwiesen sich bei der Umfrage als die mit Abstand häufigsten Gründe für bäuerliche Sorgen und Kummer.

Daten erhoben mittels Fragebogen

Um die Daten für die Beantwortung seiner Leitfrage zu sammeln, erarbeitete Simon Birrer einen umfangreichen, zweisprachigen Fragebogen, den er an Landwirte, Landwirtinnen und Bäuerinnen verschickte. 94 vollständig ausgefüllte Fragebögen wurden ihm daraufhin zurückgesendet. Das Durchschnittsalter der Antwortenden liegt bei 50 Jahren; 70 % bewirtschaften einen Vollerwerbsbetrieb, 16 produzieren biologisch. Mit 21 % sei die Milchwirtschaft unter den Einsendungen am häufigsten vertreten, schreibt Birrer.

Drei belastende Druckfelder

In seiner Arbeit konnte Simon Birrer drei belastende Druckfelder ausmachen, die Landwirte, Landwirtinnen und Bäuerinnen besonders belasten:

  • Feld 1: die Beziehungzwischen Landwirtschaft und Gesellschaft bei der täglichen Arbeit
  • Feld 2: der aktuelle (agrar-)politische Kontext, im besonderen die PflanzenschutzInitiativen von 2021
  • Feld 3: der konstante Diskurs zu landwirtschaftlichen Themen in der breiten Bevölkerung.

Wie Birrer durch seine Umfrage herausgearbeitet hat, ist es vor allem das zweite Druckfeld, das der bäuerlichen Bevölkerung in den letzten Jahren Kummer und Sorge bereitet hat. Während die Betroffenheit beim ersten und dritten Druckfeld – also der direkten Kritik im Alltag und dem erhöhten Interesse an der Landwirtschaft, sehr unterschiedlich ausfällt, haben 87 % der Befragten die Pflanzenschutz-Initiativen als sehr belastend empfunden. Die Ungewissheit, die durch die tiefgreifenden Vorstösse und die möglichen massiven Veränderungen solcher Initiativen ausgelöst wird, sei besonders bedrückend, schreibt Birrer.

Durch seine Arbeit hat Simon Birrer die Erkenntnis gewonnen, dass die Intensität der Belastung durch Kritik nicht von allen Landwirten gleich wahrgenommen wird. Je nach Betriebstyp, Region oder Altersklasse wird Kritik sogar als etwas Gewinnbringendes aufgefasst, solange sie konstruktiv und angemessen ausfällt. Dabei zeigen die Resultate, dass es vor allem Jüngere sind, die der Kritik stärker ausgesetzt sind. Trotzdem empfinden sie Kritik tendenziell als weniger belastend und teilen sogar häufig die Auffassung, dass Kritik motivierend sein kann.

Kritik ist nicht zwingend «Bashing»

Von «Bauernbashing» mag Simon Birrer bei keinem der drei definierten Druckfelder sprechen – zumindest nicht uneingeschränkt. Vielmehr sei die Kritik an der Landwirtschaft meistdifferenziert und sachlich ausgefallen und oft auch so wahrgenommen worden, schreibt der Agronom.