Ein Erlebnis ist schon der stotzige Weg vom Parkplatz zum Schloss Liebegg hinauf, wo sich das Hexenmuseum befindet. Es ist Dunkelmond, also jene Nacht, in der die Menschen den Mond nicht sehen. Ein Moment des Innehaltens, bevor ein neuer Zyklus beginnt. Nach altem Glauben gehen Wünsche, die jetzt gemacht werden, bis zum nächsten Vollmond in Erfüllung. Das Schloss leuchtet oben auf dem Hügel, eine merkwürdig selbstbewusste Katze begleitet ein Stück weit. Fast ein bisschen magisch, findet selbst die skeptische Besucherin.

Fakten und Klischees rund um Hexen

Die Metallhexe, die den Weg zum Eingang weist, erfüllt jedes Klischee: Sie fliegt auf einem Besen, trägt einen Schlapphut und eine lange krumme Nase im Gesicht.

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Später bietet Museumsdirektorin Wicca Meier-Spring Orientierung im Nebel aus Mythen und Fakten rund um Hexen. Aber zuerst begrüsst sie ihre Gäste mit einem Tee aus Kräutern, «keine verbotenen», stellt sie klar. Die Mischung aus Pfefferminze, Zitronengras, Brombeerblättern, Hagebutte und anderem schmeckt bezaubernd und verweist auf ein grosses Kompetenzgebiet der Hexen: Sie kennen und nutzen die Wirkkraft von Pflanzen und anderen Naturstoffen.

Mit der Natur arbeiten

«Hexen arbeiten mit der Natur und orientieren sich an ihr», so Wicca Meier-Spring, das sei ein Grundverständnis, dass man haben und leben müsse. «Sie wissen, dass sie nicht am Montag ihren Abfall aus dem Auto werfen und am Samstag beim Kräuterpflücken erwarten können, dass ihnen die Natur etwas Gutes zurückgibt.» Hier ist der Berührungspunkt zu den Bäuerinnen und Landfrauen, die in diesem Jahr gratis ins Museum dürfen. «Landfrauen und Bäuerinnen sind sehr verbunden mit der Umwelt und der Natur, auch mit altem Brauchtum und Wissen», begründet Wicca Meier-Spring. «Sie haben oft ein riesiges Arbeitspensum. Diese Frauen verdienen grossen Respekt.»

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Der Tee ist ausgetrunken, die Museumsführung beginnt. Mit der Idee von Hexen, die auf Besen fliegen, räumt Wicca Meier-Spring unterwegs auf. Der Flug fand in den Köpfen von Menschen statt, die berauschende Stoffe zu sich genommen hatten. Oft nicht einmal absichtlich. In einer Zeit von Missernten war Mutterkorn kein seltenes Phänomen, zudem musste das Getreide gestreckt werden, wofür beispielsweise das berauschende Bilsenkraut verwendet wurde. Den Schlapphut hingegen gibt es tatsächlich: Früher bekamen ihn entlassene Leibeigene als Zeichen ihrer Freiheit.

1200 magisch-mystische Exponate

Die Ausstellung bietet eine Fülle an Bild- und Tonmaterial, über 1200 Exponate aus der magisch-mystischen Hexenwelt sind hier versammelt. Die Liebegger Schlossräume bilden eine phantastische Kulisse. Ab und zu flackern geisterhafte Gestalten über die Wände, leise Musik klingt an, von irgendwo her streift ein würziger Duft die Nase. Zu sehen gibt es unheilvolle Artefakte wie ein Henkerschwert, mit dem Hexen geköpft wurden, Totenschädel, hoch potente Giftpflanzen. Aber auch Heilpflanzen, Amulette und Schutzzauber; viele alte Volksbräuche und Jahreszeitenrituale werden erklärt.

Hexenverfolgung im Mittelalter und in der frühen Neuzeit werden umfassend behandelt. Wicca Meier-Spring arbeitet daran, die Namen aller Ermordeten aufzulisten. Aber oft wurden diese in den Aufzeichnungen gar nicht erwähnt, sondern nur, wieviel das Holz für das Feuer und das Essen danach gekostet hatte, erzählt sie während der Führung. Und dass Katzen mitverbrannt wurden; es hiess, Hexen könnten deren Gestalt annehmen.

Die Ausstellung will zum Nachdenken anregen und Antworten geben - wenn auch nicht auf alle Fragen, stellt die Museumsleiterin klar: «Auch für uns, die wir uns seit über 30 Jahren intensiv und weltweit mit dem Thema befassen, sind bei weitem noch nicht alle Dinge ganz klar.»

Kurse sind schnell ausgebucht

Das Museum wurde zuerst auf privater Basis in Auenstein geführt. Mit dem Umzug auf das Schloss Liebegg vor vier Jahren bekam es die Anerkennung als offizielles Schweizer Hexenmuseum. Seine Gäste sind jung und alt, weiblich und männlich – das Thema interessiert die verschiedensten Menschen.

Im Angebot sind auch Führungen und Kurse. «Hellsehen – Hellhören – Hellfühlen», «vom Umgang und der Wirkungsweise von Heilsteinen», «Workshop Herdmagie für den Winter und 13 Wünsche für die Rauhnächte» zum Beispiel, viele davon waren bereits kurz nach der Ausschreibung ausgebucht. Nach dem Corona-Tief ist wieder Schwung in den Betrieb gekommen.

Die modernen Hexen

Die Museumsdirektorin kommt oft ins Gespräch mit ihren Gästen, viele erzählen ihr ihre eigenen Geschichten.

Ob es heute wirklich noch Hexen gebe, möchten manche wissen. Und was eigentlich Wicca bedeute. Das stamme aus dem Angelsächsischen und stehe für eine weise, gute Frau, antwortet Meier-Spring. Anders als das deutsche Wort «Hexe» und das englische «witch» ist es unbelastet und wird von modernen Hexen bevorzugt.

Infos zum Schweizerischen Hexenmuseum in Gränichen
Die Öffnungszeiten des Hexenmuseums mit Café und Shop sind unregelmässig und auf der Website aufgeführt (https://www.hexenmuseum.ch/). Nächstens ist es am Sonntag, 27. März, 13 bis 17 Uhr geöffnet und in der Dunkelmond-Nacht am Donnerstag, 31. März, von 19.30 bis 23 Uhr. Private Führungen sind auf Anfrage möglich. Mitglieder eines Landfrauenvereins dürfen gratis ins Museum; Gutscheine gibt es bei den Bezirkspräsidentinnen oder direkt beim Museum. Der Parkplatz befindet sich fünf bis zehn Gehminuten unterhalb des Schlosses.