Der Schnee lässt diesen Winter auf sich warten. Beim Spaziergang vorbei an Feldern ist erkennbar, dass auf vielen Parzellen ungeerntete Ackerfrüchte stehen. Der Landwirt hat aber nicht etwa vergessen, die Kultur zu ernten: Er hat absichtlich eine Gründüngung angepflanzt, die sein Feld im Winter begrünt.

Nährstoffe im Feld behalten

Laut Direktzahlungsverordnung muss ein geeigneter Bodenschutz durch eine optimale Bodenbedeckung gewährleistet sein (siehe Infobox). Eine Gründüngung bezweckt, den Boden zu schützen und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Phacelia, verschiedene Senfarten, Rettiche und verschiedene Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Wicken dienen als Gründüngung. Diese werden rein oder gemischt angesät und überwintern oder frieren bei Minustemperaturen ab.

Die Gründüngung bietet eine Alternative zu synthetischem Dünger oder Hofdünger wie Gülle respektive Mist. Vom Vorjahr ist überschüssiger Stickstoff in Form von Nitrat im Boden vorhanden, der via Dünger zugeführt wurde und den die Pflanze für ihr Wachstum nicht gebraucht hat. Dieses Nitrat würde auf einem brachen Feld im Winter ausgewaschen, was zu einer Belastung der Gewässer führt. Zudem müsste er im nächsten Jahr wieder vollständig zugeführt werden.

Mischungen mit eiweissreichen Hülsenfrüchten (Leguminosen) sind beliebt, weil diese Pflanzenfamilie nicht nur die vorhandenen Nährstoffe im Boden fixiert, sondern zusätzlich Stickstoff aus der Luft im Boden bindet. Da im Biolandbau die Auswahl synthetischer Düngemittel beschränkt ist, werden Gründüngungen im Bio zuweilen als Schlüssel für den Erfolg bewertet.

Weniger Unkraut, mehr Würmer

Ein stets bedeckter Boden hat auch den Vorteil, dass sich Unkraut wie Ackerhirse schlecht vermehren kann. Die permanente Durchwurzelung des Bodens lockert ihn auf und bietet Bakterien und Würmern stets eine Futtergrundlage, sodass sie sich gerne im Boden aufhalten und insgesamt für eine gute Bodengesundheit sorgen. Ausserdem bietet der "grüne Teppich" Erosionsschutz und beugt Staunässe vor. Wenn der Landwirt im Frühling die Gründüngung mechanisch in den Boden einarbeitet, erhält dieser viel organisches Material, das sich langsam zersetzen kann. Es bildet sich eine Humusschicht, die eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung ermöglicht.

 

Rahmenbedingungen

Bevor ein Landwirt im August das Getreide und im November den Mais geerntet hat, weiss er schon, welche Kultur er im nächsten Frühjahr auf diesem Feld anbauen will. Er hält eine für seinen Betrieb passende Fruchtfolge ein. Darin sind die Kulturen enthalten, die auf seinem Betrieb gut gedeihen oder die für ihn wirtschaftlich attraktiv sind. Wenn er als nächste Ackerfrucht eine Kunstwiese ansäen will, so wird er dies noch im selben Jahr tun. Gleich ist es im Falle von Winterkulturen. Dazu gehört Winterweizen, der die Kälte braucht, um im nächsten Frühjahr optimal wachsen zu können. Deshalb muss er die Samen noch vor dem Winter ausbringen. Alle anderen Kulturen kommen im Gegensatz dazu erst im Frühling in den Boden. Also kann der Landwirt auf seiner Parzelle für ein paar Monate zwischen der letzten Ernte und der nächsten Ansaat eine Zwischenfrucht anbauen.

Die Verordnung über die Direktzahlungen an die Landwirtschaft schreibt eine Bodenbedeckung sogar vor (Art. 17), die Erosion sowie chemische und physikalische Bodenbelastungen verhindern soll. Betriebe mit mehr als 3 Hektaren offener Ackerfläche müssen auf Parzellen mit Kulturen, die vor dem 31. August geerntet werden, im laufenden Jahr eine Winterkultur, Zwischenfutter oder Gründüngung ansäen. Diese kann entweder in Form eines Zwischenfutters oder einer Gründüngung erfolgen. Ein Zwischenfutter ist zum Beispiel Grünschnittroggen, den der Landwirt im Frühling an seine Kühe verfüttern kann.

 

Überträgt Krankheiten

Die Gründüngung bringt aber auch Nachteile. Sie kann Fruchtfolgekrankheiten übertragen und dadurch den folgenden Hauptkulturen indirekt schaden. Der Landwirt muss deshalb gut abklären, welche Gründüngung mit seiner Fruchtfolge verträglich ist oder allenfalls eine längere Anbaupause einplanen. Senf und Retticharten in der Gründüngung können zum Beispiel bei Folgekulturen wie Raps oder Kohl grosse Schäden anrichten. Und ist auf einer Parzelle der Mäusedruck besonders hoch, wird sich die Population unter der Gründüngung hervorragend vermehren können.

Ausserdem muss die Gründüngung meist dreimal mechanisch bearbeitet werden, bevor eine Folgekultur eingesät werden kann, was zu einem hohen Kraftstoffverbrauch führt. Das früher oft eingesetzte Herbizid Roundup werde heute nicht mehr oft eingesetzt, sagt Stefan Lüthy, Mitarbeiter bei UFA Samen. Viele Landwirte bevorzugen nicht-überwinternde Mischungen, die sie teils bereits vor dem Kälteeinbruch unterpflügen. Diese Praxis minimiert allerdings den Effekt des bedeckten Bodens im Winter.

2018 weniger Gründüngungen verkauft

Es sei eine individuelle Entscheidung ob ein Landwirt eine Gründüngung einsetzt, sagt Stefan Lüthy: "Gründüngungen sitzen auf der Reservebank. Wenn ein Betrieb viele Tiere hat und zusätzlich das Raufutter in bestimmten Jahren knapp ist, baut der Bauer lieber ein Zwischenfutter an, mit dem er seine Tiere füttern kann.". Er bestätigt, dass im Hitzejahr 2018 die Verkäufe von Gründüngungs-Saatgut erheblich zurückgegangen sind, weil vielerorts Mangel an Heu bestand. "Bei reinen Ackerbaubetrieben haben Gründüngungen aber eine grosse Bedeutung", so Lüthy.

Aufwärtstrend, vor allem bei Mischungen

Die Bereitschaft, eine Gründüngung anzupflanzen, sei in den letzten Jahren merklich gestiegen, das bestätigt auch Martin Streit, Berater Pflanzenbau am Inforama Rütti. Es werden vermehrt Mischungen angebaut, bestätigen beide Fachpersonen. Und das, obwohl eine Mischung fast viermal so viel Saatgut benötigt wie eine Reinsaat und deshalb mehr kostet. "Aber bei einer Mischung gedeihen diejenigen Pflanzen, die sich am Standort wohlfühlen. So kann der Bauer sicherstellen, dass sein Unkraut unterdrückt wird.", sagt Martin Streit. Besonders beliebt seien Mischungen mit Leguminosen, sowie Phazelia und Buchweizen, die keine Krankheiten übertragen können.

Angaben zur Fläche gibt es derzeit keine, da die Direktzahlungsdaten des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) nur die jeweiligen Hauptkulturen erfasst. Von Verkaufszahlen Flächenangaben abzuleiten, sei auch problematisch, weil gemäss UFA-Berater Stefan Lüthy viele Landwirte die empfohlene Saatmenge nicht einhalten.