Jetzt sieht man sie wieder, von morgens früh bis abends spät und erst noch bei jedem Hundewetter, die Gemüsebauern auf ihren Feldern. Oft den ganzen Tag auf den Knien unterwegs, mit einem Messer oder einer Hacke ausgerüstet, heisst es Schneiden, Jäten und Ernten. Man brauche zuerst ein paar gute Gummistiefel und eine wasserdichte Regenkluft, bevor man sich in die Domäne des Gemüseanbaus wagen soll, hört man vielfach scherzhaft von den Berufskollegen aus der Milchwirtschaft.
Die Gmüsler sind sicher ein eigenes und spezielles Volk. Das behaupten sie sogar von sich selbst. Sie sind eigenwillige Chrampfer und managen ihren Betrieb fast wie ein Unternehmer. Sie sind innovativ, probieren immer was Neues und passen sich schnell den Marktverhältnissen an. Sie haben gelernt, es unterzupflügen, wenn der Händler ihr einwandfreies Gemüse nicht kaufen will, damit es Platz für die neue Saat gibt. Sie sind sich gewohnt, dass in kurzer Zeit eine grosse Menge Gemüse auf den Markt kommt und die Preise deswegen ins Bodenlose fallen. Trotzdem stehen die Gemüsebauern immer wieder auf und machen weiter. Die Branche kennt nichts anders, sie musste schon jahrelang mit diesen Herausforderungen umgehen lernen. Solche Situationen könnten schon bald auch andere Betriebszweige treffen.
Trotzdem wirft man den Gemüsebauern vor, sie bräuchten zu viel Dünger und setzten die Pestizide unvorsichtig ein. Heute werden aber Lösungen gesucht, um so nachhaltig wie möglich zu produzieren, im Freilandanbau wie auch im Gewächshaus. Trotzdem ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiterhin unerlässlich. Denn die hohen Anforderungen an die Produkte bezüglich Qualität und Verfügbarkeit machen wirksame Pflanzenschutzstrategien unabdingbar. Der Preisdruck zwingt die Gemüsebauern aber vermehrt, die Erträge zu maximieren und die Kosten zu senken. Dieser intensive Anbau fördert nicht nur den Krankheits- und Schädlingsdruck, sondern er schwemmt auch ihren Boden weg.
Die Gewächshäuser sorgen für ein frühes Angebot an Schweizer Gemüse und für eine Verlängerung der Saison im Herbst. Obwohl die heutigen Gewächshäuser sehr modern sind, sind sie bei der Raumplanung in der Landwirtschaftszone doch verpönt. Eigentlich könnten aber in diesen Gewächshäusern umweltschonende und gesunde Nahrungsmittel produziert werden. So ist es möglich, auf derselben Fläche, im Vergleich zur Freilandproduktion, ein Vielfaches zu erzeugen. Durch das Erstellen eines Gewächshauses auf einer Fruchtfolgefläche geht damit die Produktionsgrundlage nicht verloren. Im Gegenteil, sie wird um ein Vielfaches vergrössert. Damit könnte auch der Selbstversorgungsgrad in der Schweiz erhöht und ein Beitrag zur Ernährungssicherheit geleistet werden.
Dies sind aber nicht die einzigen Sorgen der Gemüsebauern. Die im Januar eingereichte Initiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizideinsatz», verlangt unter anderem, dass nur noch die Landwirtschaftsbetriebe Direktzahlungen oder Subventionen erhalten, die keine Pestizide einsetzen. Eine Annahme des Volksbegehrens würde den Schweizer Gemüseanbau zweifellos massiv verändern. Viele Kulturen könnten gar nicht mehr angebaut werden. Auch die biologische Produktion wäre von einem grundsätzlichen Verbot von Pestiziden betroffen.
Trotz dieser vielen Herausforderungen, welche auf die Gemüsebauern zukommen, hat sich die Dachorganisation entschieden, die Mitgliedschaft beim Schweizerischen Bauernverband zu künden. Sie fühle sich vom Verband zu wenig ernst genommen und vermisse die Unterstützung ihrer Anliegen. Spricht man mit den Gemüsebauern, unterstützen Sie mehrheitlich diesen Entscheid. Denn man höre vom Bauernverband immer nur von den Problemen der Milch- und Fleischwirtschaft und nie von den Sorgen der Gmüsler. Ob es jetzt, in dieser schwierigen Zeit mit den vielen Initiativen und den bevorstehenden Abstimmungen, der richtige Entscheid war, sich zu distanzieren, ist aber zu bezweifeln und könnte für die Gemüsebranche zum Eigentor werden. Denn wenn es um die Stimmen der Konsumenten geht, sollte die gesamte Landwirtschaft, von den Milch- über die Acker- bis hin zu den Gemüsebauern, zusammenstehen und Stärke zeigen. Und dazu braucht es halt in Gottes Namen Solidarität.
Peter Fankhauser