Die Meisterlandwirte Kurt Huber in Muri, Stefan Jegge in Kaisten und Peter Glur in Brittnau führen drei ganz unterschiedliche Betriebe im Kanton Aargau. Aber verloren haben sie mit der neuen Agrarpolitik alle, nämlich mehrere Tausend Franken an Direktzahlungen. Sie gaben an der Veranstaltung «Agrarpolitik an der Liebegg» Einblick in ihre Strategien.  


Ein Rappen mehr pro kg Milch würde Ausfall kompensieren


Kurt Huber wies auf den beschränkten Handlungsspielraum für seinen intensiven Milchwirtschaftsbetrieb hin. Er versucht den finanziellen Verlust durch innerbetriebliche Intensivierung und Optimierung aufzufangen. Wichtiger als Direktzahlungen seien Faktoren wie Arbeitskräfte und Marktpreise: Ein Rappen mehr Erlös pro Kilo Milch würde die tieferen Direktzahlungen bereits kompensieren.

Bei Biobauer Stefan Jegge aus Kaisten sind die Direktzahlungen zwar weniger stark gesunken als bei seinen beiden Berufskollegen, der Übergangsbeitrag liegt mit rund 10 00 Franken aber im ähnlichen Rahmen. Das sei kein Grund für einen Systemwechsel: «Das Wichtigste ist, eine klare Strategie für den Betrieb zu haben und sie auch umzusetzen.» Bei ihm heisst das standortgerechte Bewirtschaftung mit der Produktion von Milch grossmehrheitlich aus Gras im Vollweidesystem mit saisonalem Abkalben – und das nicht erst seit der neuen AP.

Peter Glur aus Brittnau führt seinen mittelintensiven Milchviehbetrieb mit Wiesenmilchproduktion seit sieben Jahren in einer Gemeinschaft. Optimierungspotenzial bezüglich Direktzahlungen sieht er in einer Ausdehnung der Bioförderflächen und in der Vernetzung. Allerdings setzen die guten, tiefgründigen Böden bei der Erfüllung der Ökoqualitätsanforderungen Grenzen. Ein Ausbau auf 90 Tierplätze wäre möglich, ein Sohn als Hofnachfolger vorhanden – aber so habe es keinen Wert. «Für Milchviehbetriebe ist diese Agrarpolitik eine Katastrophe.»


Das Interesse am Thema war gross: Moderator Peter Weber von der Liebegg erörterte die Situation im Aargau vor vollem Haus. Im Kanton wurden 2014 rund 10 Mio Franken weniger Direktzahlungen ausgerichtet als in den Vorjahren; die Reduktion um insgesamt 7 Prozent trifft 84 Prozent der Betriebe.

Landschaftsqualitäts-Projekte für den ganzen Kanton

Vollständig zurückholen lasse sich das nicht, kommentierte Matthias Müller, Leiter von Landwirtschaft Aargau. Am meisten Potenzial sieht er im Bereich der Landschaftsqualität, bei der dank der erfolgreichen Motion von BVA-Präsident Alois Huber und Geschäftsführer Ralf Bucher der Kanton Aargau die Co-Finanzierung ab 2015 nun doch übernimmt. Der Bauernverband arbeitet daran, dass im ganzen Kanton flächendeckend Projekte entstehen. Müller stellte den Bauern eine schlanke Selbstdeklaration via Agriportal in Aussicht.

Der Handlungsspielraum des Kantons sei zwar beschränkt, aber er wolle ihn nutzen und sehe sich als Dienstleister, Förderer und Umsetzungspartner der Landwirtschaft, stärkte er den Anwesenden den Rücken.


Er sehe sich nicht als Verlierer, sondern als Opfer, erklärte ein Landwirt in der anschliessenden Diskussion. Sie wurde engagiert geführt und spiegelte die Betroffenheit der Bauern, ohne dass sie in Trübseligkeit versunken wären. «Unsere Aufgabe ist es nicht, über die Agrarpolitik 2014–17 zu fluchen, sondern die Wegweiser so zu stellen, dass sich etwas ändert», erklärte BVA-Präsident Alois Huber. Und Ralf Bucher doppelte nach: «Wenn sich die Bauern einig sind, bringen wir viel zustande.»

Ruth Aerni