Diesen Mittwoch hat der neue Jahrgang der St. Galler Bäuerinnenschule begonnen. Früher als je zuvor. In allen bisherigen Jahren lag der Start im September.
Die Vorverlegung hat nur einen Grund: So kann der Lehrgang noch nach dem alten System durchgeführt werden.
Subjektfinanzierung drängt
Ab dem Stichtag vom 1. August 2017 gilt nämlich das neue Finanzierungssystem für Weiterbildungen schweizweit, die sogenannte Subjektfinanzierung.
Demnach richtet der Bund nicht mehr Zahlungen an die Ausbildungsanbieter, in diesem Fall dem Berufsbildungszentrum Buchs, sondern an die Teilnehmerin selber. Bedingung ist aber, dass die Teilnehmerin die Schlussprüfungen für den Fachausweis ablegt. Dann erhält sie die Hälfte der Kurskosten zurück.
In St. Gallen ist diese Änderung nur eine von vielen Hürden für die geregelte Organisation der Bäuerinnen-Ausbildung.
Branche bezahlt mit
Schon ein Jahr vor der schweizweiten Umstellung drehte der Kanton St. Gallen den Geldhahn für die Bäuerinnenausbildung zum Teil zu. Ein Massnahmenplan von Anfang 2016 verpflichtete die Branchenverbände, sich an den Ausbildungskosten zu beteiligen. Befristet für zwei Jahre. Eine Arbeitsgruppe sollte ursprünglich bis 2018 ein Konzept für die Ausbildung erstellen, das Kostendeckung garantiert.
Ein Jahr Gnadenfrist
Im Detail hat der Kanton eine zeitlich limitierte Defizitdeckung gutgeheissen. Unter der Bedingung, dass der kantonale Bauernverband zusammen mit dem Bäuerinnenverband die Hälfte des Defizits übernimmt. Die Verbände haben dieser Bedingung anstandslos zugestimmt.
Erste Kostensenkungsmassnahmen wurden bereits ergriffen, beispielsweise in der Honorierung der Kursleiterinnen. Zur Kostendeckung reicht das aber noch nicht. Kurzfristig wurde ein weiteres Jahr Gnadenfrist gewährt. Und trotzdem tickt die Uhr. Der Geldhahn wird auf den 1. Januar 2019 ganz abgedreht. Dem Bildungsdepartement scheint das aber nicht gänzlich bewusst zu sein.
Arbeitsgruppe stillgelegt
Die Arbeitsgruppe, die nun bis Ende 2018 Zeit hat für ein kostendeckendes Konzept, ist gerade stillgelegt. «Mit der Arbeitsgruppe gab es gar keine Sitzung, seit ich die Leitung der Bäuerinnenschule habe», sagt Seline Heim, Bäuerin und Kantonsrätin. Sie hat im Sommer letzten Jahres die Obhut über den Lehrgang übernommen. Es war, so sagt sie, kein einfacher Start.
Schnell kam Seline Heim in die Situation, dass sie mit Anfragen an das Berufsbildungszentrum und das Bildungsdepartement anstand.
Schulleiterin ohne Einblick
Schon mehrfach habe Seline Heim angefragt beim Berufsbildungszentrum, um Einblick in die finanzielle Situation des Lehrgangs zu erhalten. Bisher ohne Erfolg. Dabei wäre sie als Leiterin mitverantwortlich dafür, dass die Ausbildung schwarze Zahlen schreibt. «Ich habe noch nie Zahlen gesehen in diesem Jahr, in dem ich nun die Leitung habe.»
Kanton gibt endlich Termin
Und weiter sagt Seline Heim, dass sie sich eine Sitzung wünsche, zu der die Verantwortlichen auf allen Stufen kommen würden. Genau das war auch die Idee mit der Arbeitsgruppe. Doch sie scheint vergessen gegangen zu sein. Auf Anfrage kommuniziert das Bildungsdepartement, dass «die Arbeitsgruppe mit den entsprechenden Vertretungen nach den Sommerferien die Arbeit wieder auf-nimmt». Eine Begründung für die zwischenzeitliche Stilllegung liefert das Bildungsdepartement nicht. Der Statusbericht, der auf Anfrage der BauernZeitung erstellt wurde, erwähnt auch, dass die Kostenaufstellung ab August in der Arbeitsgruppe vorliegen werde.
Änderungen ja, aber nicht so
Um es vorweg zu nehmen: Seline Heim geht gerne an die Subjektfinanzierung heran. «Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in
zehn Jahren sagen, dass das eine gute Veränderung ist.» Nur: «Die ganze Vorbereitung, bis es mal läuft, finde ich schwierig». Im Kanton rutscht die Bäuerinnen-ausbildung etwas zwischen Stühle und Bänke. Seline Heim selber blickt auch nicht durch, wo der grössere Haken sei; im Berufsbildungszentrum Buchs oder im Bildungsdepartement. «Ich fühle mich wie im luftleeren Raum.»
Seline Heim kommen die zwei Fristverlängerungen, die um die Kostendeckung und jene um die Einführung der Subjektfinanzierung, entgegen. Denn dafür seien noch zu viele Fragen offen.
Hoffnung stirbt zuletzt
Dass die Bäuerinnenausbildung teurer wird, glaubt Seline Heim nicht. Zurzeit bezahlen Schülerinnen in St. Gallen inklusive der Verpflegung auswärts etwa 10 000 Franken für den gesamten Lehrgang. Im neuen Jahr wird es zwar in etwa das Doppelte sein. Durch die Rückzahlung bei Antritt an die Berufsprüfung erhält die Absolventin jedoch 50% wieder zurück. Faktisch ist es am Schluss etwa gleich viel.
Seline Heims Hoffnungen ruhen nun auf der Sitzung mit der Arbeitsgruppe im August.
In Zusammenarbeit mit dem Bildungsdepartement und dem Berufsbildungszentrum wird sie endlich die Aufgabe zur Kostendeckung anpacken können.
Nadine Baumgartner