Vielleicht habe ich das Bauern in den Genen», schmunzelt Pia Schellenberg. «Mein Vater hatte zwar keinen Landwirtschaftsbetrieb, aber er war gelernter Bauer. Und ich habe schon immer gesagt, dass ich einmal einen Bauern heiraten will.»
Das Schicksal entscheidet etwas anders
Aus den Bergen sollte er sein, am liebsten aus dem Bündnerland. Pia Schellenbergs Vater stammt aus dem Kanton Graubünden, fast alle Ferien verbrachte sie dort. Auch die Ostschweizer Voralpen hätten ihr gefallen. Denn da bewirtschaften Verwandte mütterlicherseits einen Hof. Als junge Frau wohnte sie bei ihnen und half auf dem Betrieb.
Heute hat sie täglich Ausblick auf diese Gegend. In ihrer gemütlichen Wohnküche blickt man durch ein antikes Fenster direkt an die schroffen Kalkzähne ob dem Walensee – auf einem Foto an der Wand.
Denn die Bäuerin hat ihren Bauern gefunden, aber die Liebe hat die Zürcher Unterländerin halt doch wieder ins Zürcher Unterland nach Schleinikon geführt. Über die Musik lernte die begeisterte Trompeterin ihren künftigen Mann früh kennen. Doch bereits zuvor hatte sie mit der Bäuerinnenausbildung in Ilanz angefangen. «Das war auch eine Lebensschule», blickt Pia Schellenberg dankbar zurück.
Im Sommer darauf erfüllte sich die Neunzehnjährige einen grossen Traum: Mit einer Kollegin bewirtschaftete sie einen Sommer lang eine Innerschweizer Alp. «Meine Eltern haben leer geschluckt, als sie von meinem Entscheid hörten. Denn wir mussten alles selber machen, auch käsen», erzählt Pia Schellenberg, «das war extrem streng. Aber es ging super. Und auch das hat mich im Leben weitergebracht.»
Im Jahr darauf zeichnete sich bereits ab, dass Pia ihren Daniel heiraten würde. Als Einundzwanzigjährige gab sie ihr Ja-Wort zu dieser Ehe, die bis heute, über zwanzig Jahre später, erfüllend ist.
Auch aus der Trauer kam Kraft
Kurz vor der Geburt ihrer ersten Tochter schloss Pia Schellenberg die Betriebsleiterschule ab und absolvierte die Prüfung zur diplomierten Bäuerin. Die Familie wuchs: Noch zwei weitere Töchter bereichern das Leben des Bauernpaars. Doch Schellenbergs erlitten auch einen bitteren Schicksalsschlag. «Eigentlich hätten wir noch einen Sohn», fügt die Bäuerin schlicht hinzu, «aber er ist kurz nach der Geburt völlig unerwartet gestorben.» Was andere Paare auseinanderzubringen vermag, hat Pia und Daniel Schellenberg stärker zusammengeschweisst.
Verbittert ist die Bäuerin nicht. «Ich habe aus dieser Zeit sogar ein Urvertrauen gewonnen, dass es schlussendlich gut kommt, dass es auch aus einer so schlimmen Zeit einen Ausweg gibt. Ich bin nicht extrem christlich, aber der Glaube, dass da eine Kraft ist, die hilft, hat mich in dieser Situation gestärkt. Es liegt einfach nicht alles in unserer Hand», meint sie sachlich. Und der Alltag ging ja auch einfach weiter. Die Mädchen brauchten ihre Mutter. Am Morgen und am Abend musste das Vieh versorgt werden. Das gab einen Grundrhythmus vor, der half, innerlich stark zu bleiben.
Nun schmieden die Töchter Pläne
Damals wurde auf dem Hof noch gemolken. Doch vor vierzehn Jahren stellten Schellenbergs auf Mutterkuhhaltung um. «Wir führen einen typischen gemischten Betrieb, mit Vieh, Ackerbau, Legehennen, einem Blumenfeld, Kürbissen und seit vier Jahren mit Spargeln», schildert die Bäuerin. Zur Zeit der Spargelernte läuft es mehr als rund. Das Edelgemüse wird ab Hof verkauft, und so gibt nicht nur die Ernte viel Arbeit.
Auch der Kundenkontakt braucht seine Zeit. Die Bäuerin schätzt diese Gespräche aber sehr, wie auch die ganze hektische Zeit. «Dann helfen auch alle Mädels, trotz ihrer eigenen Arbeit oder Lehre. Die älteste Tochter ist bereits ausgezogen. Die mittlere steckt mitten in der Lehre zur Landwirtin und auch die jüngste fasst ins Auge, nach ihrer Ausbildung als Konditor-Confiseur ebenfalls noch eine Lehre als Landwirtin zu absolvieren.»
Die Zukunft des Betriebs scheint gesichert. Doch Prognosen, wie diese genau aussehen wird, macht Pia Schellenberg nicht. «Wir lassen uns überraschen», sagt sie lächelnd.
Sanna Bührer Winiger