Straussenfleisch-Produktion sei nur interessant, sofern alles selber gemacht werde, erklärt Cornel Eberle. Seit 20 Jahren hält er auf seinem Betrieb in Mörschwil SG die gefiederten Wesen mit den langen Hälsen und dies mit grossem Erfolg. Während andere die Straussenhaltung aufgeben steigt bei ihm der Umsatz laufend. Rund 200 Tiere umfasst seine Herde. Wobei auf dem Betrieb von der Zucht, über das Ausbrüten der Eier und die Aufzucht, bis hin zum Schlachten, Verarbeiten und Verkaufen alles selbst gemacht wird. «Es geht relativ lange bis man im Markt Fuss gefasst hat und verkaufen kann», so Eberle. Bei ihm laufe der Verkauf aber von Jahr zu Jahr besser. Eberle betont zudem: «Die Straussenhaltung erhält keine Direktzahlungen.»
Die ersten Importe stammten aus Deutschland
Die ersten Jungtiere habe er in Deutschland eingekauft. Zuchttiere zu kaufen wäre zu teuer gewesen. Damals habe ein Zuchttier bis zu 10 000 Franken gekostet. «Heute bezahlt man nur noch einen Bruchteil davon», erklärt Cornel Eberle. Er selber verkaufe im Moment keine Tiere, da der Fleischverkauf so gut laufe. Der Betrieb züchtet alle Strausse selber. Versucht werde auch immer wieder das Blut aufzufrischen, so z.B. aus Zoos. Rund 30 Zuchttiere werden auf dem Betrieb gehalten. Jeweils in Gruppen mit einem Hahn und drei bis vier Hennen. «Mit circa zwei Jahren sind die Strausse geschlechtsreif.» Die Zuchttiere können dann rund zehn bis 15 Jahre eingesetzt werden. Dies gelingt durch eine möglichst natürliche und stressfreie Haltung, sowie eine ausgewogene Fütterung. Der Eiverkauf sei uninteressant, wer trotzdem ein Ei kaufen möchte, kann dies für 70 Franken das Stück tun. «Unser Ziel ist möglichst viele gute Eier zu produzieren, damit viele Jungtiere schlüpfen.» Die Eier kommen in die betriebseigene Brüterei. «Nur 50 bis 60% der Eier sind befruchtet», so Eberle. Eine Henne lege rund 40 bis 60 Eier pro Jahr. «Strausse legen in freier Wildbahn über mehrere Tage Eier ins Nest bis eine gewisse Anzahl da ist, danach beginnen sie erst zu brüten», erklärt Eberle. Deswegen werden auf dem Betrieb die Eier nur einmal pro Woche in den Brutkasten eingelegt, wo sie danach mit 36 Grad ausgebrütet werden. Gelagert werden die Eier vor dem Brüten in einem Regal im Raum wo die Brutkästen sind. In 42 Tagen verliere ein Ei rund 15% seines Gewichts durch Flüssigkeitsverluste. Die Brüterei sei nicht keimfrei, man versuche so natürlich wie möglich mit den Eiern umzugehen, so Eberle. Die Brutkästen habe er teilweise von Betrieben gekauft, die aufgehört haben. So sei die Investition tiefer gewesen.
Krankheiten kennen Straussenhalter nicht
Verluste gebe es in den ersten 40 Tagen nach der Geburt immer wieder. Die Gründe dafür sind selbst für den Fachmann schwierig zu finden. Wichtig ist, dass die Kleinen nicht nass werden. Mit Schnee und Kälte kommen die Tiere hingegen gut zurecht insbesondere sobald sie etwas grösser sind. Insgesamt treten in der Straussenhaltung wenig gesundheitliche Probleme auf. «Bei den Straussen kennen wir keine Krankheiten, wir setzen null Medikamente ein.» Falls doch mal etwas sei, ein Strauss z.B. hinke, würden sie notgeschlachtet und zu Hundefutter verarbeitet. Die Aufzucht dauert 12 bis 16 Monate. Die 600 Gramm schweren Küken werden in dieser Zeit bis zu 110 kg schwer. Die Aufzuchttiere müssen nicht nach Geschlechtern getrennt werden. Das Fleisch von Hahn und Henne sei identisch.
Geburt und Schlachtung auf dem gleichen Betrieb
Geschlachtet wird in der betriebseigenen Metzgerei. Der Betrieb musste hierzu eine Bewilligung vom Kanton anfordern. Zum Schlachten steht ein käfigartiger, kleiner Wagen zur Verfügung. Der Strauss kommt in den Wagen, man zieht ihm eine Kappe über den Kopf und fährt mit ihm vom Stall rund 20 Meter in die Metzgerei. Danach erfolgt ein Bolzenschuss und die Entblutung wird mittels Herzstich bewerkstelligt. «Die Muskelreaktion mit den langen Beinen kann stark sein, daher betäuben wir die Tiere in diesem Kasten. So fallen sie auf den Rücken.» Das Tier wird dann aufgehängt und gerupft. Die Federn der Schlachttiere seien kaum verkäuflich. Danach wird die Haut abgezogen, diese wird gesalzen und als Rohmaterial an «Strauss-Switzerland» verkauft. Hierzu habe man eine Bewilligung für den Handel mit Schlachtabfällen gebraucht, welche nicht einfach zu erlangen war. Die Häute werden in Italien gegerbt und danach in der Schweiz zu Handtaschen verarbeitet. In der Schweiz ist kein Betrieb für die Gerbung von Straussenhäuten eingerichtet.
Hofladen auf dem Betrieb mit grossem Angebot
Das Fleisch wird im sehr professionel eingerichteten Hofladen oder per Internet verkauft. Die Edelstücke seien sehr gefragt. Zudem wird ein Teil des Fleisches in der betriebseigenen Gastronomie, z.B. für Grillbuffets, verwendet. Im Hofladen wird vor allem Frischfleisch angeboten, Würste und Fleischkäse, sowie Rindfleischprodukte werden vorwiegend gefroren verkauft. Der Verkauf ab Internet nimmt zu, ist aber sehr zeitaufwendig. Zudem werde dort nur per Vorauskasse Ware geliefert. Alle Nebenprodukte werden zu Tierfutter verarbeitet. So erhält man die unter Hündelern beliebten getrockneten Kauartikel wie Straussensehnen oder -hälse im Hofladen, oder auch grosse «Idefix-Knochen» (Oberschenkel- oder Oberarmknochen). Sämtliche Frischprodukte für die Tierernährung werden frisch oder gefroren verkauft. 20 bis 25 % des Umsatzes wird mit Tierfutter erzielt.
Der Mist muss weg, Futter muss her
Der Betrieb konzentriert sich auf die Tierhaltung und ist arbeitsintensiv. «Wir führen Mist weg und kaufen Futter zu», so Eberle. Rund 80 Grossvieheinheiten werden auf dem 19 Hektaren Betrieb gehalten. Neben den 200 Straussenvögeln pflegt eine achtköpfige Mutterkuhherde mit Stier die Weiden. Zudem werden 150 Mastrinder auf dem Betrieb gehalten, 80 Truten für die Direktvermarktung, und ab Herbst 2015 sollen noch 120 Lämmer eingestallt werden. Aber auch die 1500 Hochstammbäume wollen gepflegt sein. Sechs Arbeitskräfte sind auf dem Hof beschäftigt, darunter zwei Lehrlinge.
Unkomplizierte Haltung und Fütterung
Strausse fressen vor allem Gras und Luzerne, daneben aber auch Zuckerrübenschnitzel, Getreide und Heuersatzwüfel. Wichtig ist auch Steine zur Verfügung zu stellen, diese werden für die Mahlfunktion des Magens gebraucht. «Die ausgewachsenen Strausse haben etwa ein Kilogramm Steine im Magen.» Die Haltung sei eigentlich unkompliziert. Ab und zu gäbe es einzelne, die andere picken würden. Diese würden jeweils in eine Gruppe mit älteren und grösseren Tieren gezügelt, dann höre das Fehlverhalten eigentlich immer auf, so Cornel Eberle. Im Moment müsse man Strausse noch nicht kennzeichnen, jedoch werde diskutiert, eine Chippflicht einzuführen. «Uns würde das nur Kosten bringen, da die Tiere auf dem Betrieb zu Welt kommen und bis und mit zur Schlachtung hier bleiben.»
Tamara Wülser