LID: Herr Wegmann, Sie sind seit 1999 OK-Präsident der „Beef“. Heuer leiten Sie die letzte Austragung. Hören Sie mit einem lachenden oder weinenden Auge auf?
Ivo Wegmann: Ganz klar mit einem lachenden Auge. Seit 20 Jahren vermitteln die Mutterkuhhalter mit den Beef-Veranstaltungen ihren Kunden die Vorzüge ihrer Produktionsform und die hohe Qualität ihrer Produkte. Ohne Zweifel hat dies mit dazu beigetragen, dass die Marken Natura-Beef, Natura-Veal und SwissPrimBeef heute die bekanntesten Fleischmarken unseres Landes sind.
Wie hat sich die „Beef“ seit der ersten Durchführung im Jahr 1996 verändert?
Die Zielsetzung, Jung und Alt, den Städtern und der Landbevölkerung, in Eigenleistung und praxisnah die Mutterkuhhaltung näher zu bringen, hat sich bis heute nicht geändert. Deutlich erkennbar ist aber die Entwicklung vom bescheidenen Wochenend-Anlass zum heute professionellen Event. Beachtlich ist dabei, dass sich die Zusammensetzung des Organisationskomitees kaum verändert hat. Laien in der Event-Organisation haben sich zu Profis entwickelt.
Gibt es eine Beef, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Nicht nur eine, mehrere. Unvergessen bleibt die Solidarität im Vorfeld der Beef 2004, als ein Wirbelsturm 14 Tage vor dem Beginn die ganze Infrastruktur flach gelegt hat.
Ohne Wenn und Aber haben sich Bäuerinnen und Bauern aus der ganzen Schweiz, aber auch viele Helfer aus nichtbäuerlichen Kreisen dafür eingesetzt, dass die Eröffnung am 26. August möglich wurde. Oder 2001 während neun der zehn Tage im Dauerregen, aber bei bester Stimmung unter Besuchern und Team. Unvergessen bleibt unser letztes Weidfäscht am Pfannenstiel vor drei Jahren – wunderbare Bauten, herrliches Wetter und 125‘000 zufriedene Besucher.
Was bringt die Beef den Bauern, was haben die Konsumenten davon?
Für die Mutterkuhhalter ist die Beef eine einzigartige Möglichkeit, im direkten Kontakt mit Kundinnen und Kunden über die naturnahe und tierfreundliche Art der Produktion von Rindfleisch auf Grasland zu reden. Genau das ist es, was viele Besucher jeden Alters an unseren Veranstaltungen suchen. Das Wissen rund um die Landwirtschaft schwindet und damit wächst das Interesse. Wollen wir den Zuspruch, den unsere einheimischen Qualitätsprodukte heute geniessen, bei wachsender Konkurrenz erhalten, bleiben wir gefordert.
Die Beef wird ab 2016 in einer neuen Form durchgeführt. Was sind die Vorteile der neuen Austragungsform?
Der neu jährlich geplante Auftritt in mehreren Regionen unseres Landes vervielfacht für die Mutterkuhhalter die Zahl möglicher Kundenkontakte und Berichterstattungen in den Medien. Gleichzeitig bietet die neue Form mehr Mitgliedern die Möglichkeit, sich bei der Organisation und während der Veranstaltung aktiv und in „ihrer Region“ für die eigene Sache einzusetzen.
An der Beef gibt es zahlreiche Rinderrassen zu sehen. Haben Sie eine Lieblings-Rasse?
Nein. Jede Rasse hat an einem bestimmten Standort ihre Vorzüge. In bester Erinnerung bleibt mir aber mein erster Eindruck, den mir eine Aubrac-Herde auf einer Weide im Massif centrale gemacht hat. Noch heute bin ich von der Schönheit der Aubrac-Kuh mit den schwarz umrandeten Augenringen begeistert.
Rindfleisch aus Mutterkuhhaltung kommt bei den Konsumenten gut an, die Nachfrage steigt. Was sind ihrer Meinung nach die Gründe für den Erfolg?
Wichtigster Grund für die einzigartige Erfolgsgeschichte des Rindfleisches aus Mutterkuhhaltung ist die Qualität des Produktes im weitesten Sinne. Dazu gehören die tier- und umweltschonende Produktion mit Rindern hoher Qualität im Stall und auf der Weide, der sorgfältige Tiertransport, die korrekte Schlachtung und Verarbeitung und die hohe Qualität des Angebots am Verkaufspunkt. All das ist möglich geworden dank einer langjährigen, hervorragenden Partnerschaft in einer Kette vom Bauern bis zum Konsumenten.
Der Milchpreis ist im Sinkflug, eine Besserung ist nicht in Sicht. Viele Milchbauern überlegen sich vermutlich eine Umstellung auf Mutterkühe. Hat es noch Platz für weitere Produzenten?
Diese Frage wird mir seit Jahren gestellt und die Antwort bleibt unverändert. Im Grasland Schweiz hat es noch Platz genug für die Produktion von Rindfleisch hoher Qualität. Immer wichtiger wird dabei der Einsatz eines hohen Anteils an Raufutter, nach dem Grundsatz „feed no food“.
Der Druck durch Einkaufstourismus und Freihandelsabkommen nimmt zu. Wie sehen Sie die Zukunft für Schweizer Fleisch?
Es ist zu erwarten, dass sich das Umfeld für Schweizer Fleisch und damit auch für die Mutterkuhhaltung auf Grund politischer Entwicklungen ändern wird. Umso wichtiger bleibt für uns die Aufgabe, den hohen Qualitätsstandard zu halten und auch darüber zu reden. Beste Qualität, überblickbar „vor der Haustüre“ produziert, dürfte auch in einem schwierigeren Umfeld Absatz finden.
Interview Jonas Ingold und Michael Wahl, lid