Ein Landwirt im Bezirk Affoltern hatte im November 2011 einem Rind von einem Tierarzt einen Nasenring einsetzen lassen. Zu diesem Zweck wurde die Nasenscheidewand durchstochen. Damit sollte verhindert werden, dass das Rind an einem Euter Milch saugt.
Klage des Veterinärdienstes Solothurn
Im Mai 2014 erstattete der Veterinärdienst des Kantons Solothurn beim Statthalteramt des Bezirks Affoltern deshalb eine Klage ein, wie «NZZ» und «TagesAnzeiger» in ihrer heutigen Ausgabe berichten. Begründung: Laut Tierschutzverordnung sind bei Rindern «invasive Eingriffe an der Zunge, am Zungenbändchen oder am Flotzmaul zur Verhinderung von Verhaltensabweichungen, wie gegenseitiges Besaugen oder Zungenrollen, verboten.» Laut Tierschutzgesetz darf zudem niemand ungerechtfertigt einem Tier «Schmerzen, Leiden oder Schaden zufügen». Das Statthalteramt des Bezirks weigerte sich, eine Untersuchungen aufzunehmen. Darauf erhob das Veterinäramt des Kantons Zürich eine Beschwerde, welche nun vom Obergericht behandelt worden ist.
Gegen wörtliche Auslegung der Verordnung
Wie die NZZ berichete, argumentierte das Veterinäramt, der Wortlaut der Tierschutzverordnung dürfe nicht «rein veterinär-anatomisch» verstanden werden. Eine solche Auslegung sei zu eng und werde dem Tierschutz und dem Willen des Gesetzgebers nicht gerecht. Vielmehr müsse der Begriff «Flotzmaul» nach dem «allgemeinen Verständnis» viel weiter ausgelegt werden. Der Statthalter des Bezirks Affoltern hingegen führte laut Zeitungsberichten aus, aufgrund der gesetzlichen Regelungen sei bei einer Kuh das Einsetzen eines die Nasenscheidewand durchstossenden Nasenrings nicht verboten. Die Voraussetzungen für eine Strafuntersuchung seien deshalb gar nicht erfüllt. Die Nasenscheidewand sei aus anatomischer Sicht nämlich nicht dem «Flotzmaul» zuzurechnen.
Gesetzgeber hätte Nasenscheidewand erwähnt
Das Obergericht wies die Beschwerde des Veterinäramts des Kantons Zürich ab. Es stützte sich dabei auf eine Definition des Direktors des Veterinär-Anatomischen Instituts der Universität Zürich. Dieser hielt in einem Bericht fest, beim «Flotzmaul» bei einem Rind handle es sich anatomisch um die oberflächliche und äussere Struktur der Nase und der Oberlippe. Die Nasenscheidewand sei kein Bestandteil des «Flotzmauls». Daraus folgerte das Obergericht, dass der Gesetzgeber die Nasenscheidewand bei Rindern zusätzlich erwähnt hätte, wenn er sie vor invasiven Eingriffen hätte schützen wollen. Zudem hält das Obergericht in seiner Verfügung fest, es sei auch nicht dargelegt, dass der Kuh im konkreten Fall ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt worden seien.
Veterinäramt verzichtet auf Weiterzug
Laut «TagesAnzeiger» verzichtet das Veterinäramt darauf, das Urteil weiterzuziehen. Die Zürcher Kantonstierärztin Regula Vogel möchte laut Bericht vielmehr darauf hinwirken, «auf einen eindeutigen Wortlaut in den Bestimmungen betreffend verbotenen Verhaltenssteuerungen am Kopf von Tieren hinzuwirken».
BauZ