Marco Fritsche ist eine Erscheinung. Blonder Vollbart, blaue Augen, auffälliger Ohrring, tätowierte Arme, die sonore Stimme dröhnt in breitem Appenzeller-Dialekt. Babys in seinem Bekanntenkreis, die nicht schlafen wollten, müsse er immer etwas wiegen und mit ihnen «schwätze», erzählt er. «Es ist zwar schlecht für einen Moderator, aber die meisten davon sind nach fünf bis zehn Minuten eingeschlafen.» Wir haben den Mann, der genauso gut auf eine Alp, ein Containerschiff oder in eine Szenebar passen würde, zum Interview getroffen.
Herr Fritsche, Sie moderieren seit 2008 «Bauer, ledig, sucht». Was macht die Sendung immer noch spannend für Sie?
Marco Fritsche: Ich habe am Montag die letzten Moderationen für die laufende Staffel aufgenommen. Im Mai wird es wieder losgehen mit den nächsten Dreharbeiten. Nach drei, vier Monaten Pause freue ich mich jeweils darauf, dass es wieder losgeht. Das Spannende sind die immer wieder neuen Bauern. Manchmal sage ich schon, «findet ihr nicht, X ist etwas wie Y, den wir in Staffel Z hatten?» Es gibt halt Archetypen, die sich wiederholen. Der Elan für die Sendung ist immer noch da. Sobald ich es nur noch wegen dem Geld machen würde, höre ich auf.
Was ist Ihr Verhältnis zur Landwirtschaft?
Kürzlich wurde ich von Patti Basler (Schweizer Slam-Poetin) gerügt, «ich bin eine Bauerntochter. Du tust immer so, als seist du ein Bauernsohn, dabei bist du gar keiner». Und ich so: «Uh, entschuldige, ich wusste nicht, dass es da noch Hierarchien gibt, ich bin quasi auf dem Bauernhof aufgewachsen.» Alle meine Onkel und Tanten sind Bauern und mein Vater gelernter Landwirt, auch wenn er als Metallarbeiter arbeitete. Wenn wir zu Vetter Hermann oder meinen Grosseltern väterlicherseits gingen, wurde mitgearbeitet. Heute habe ich einen etwas absurden Abstand zur Landwirtschaft, ich bin zwar umgeben davon, aber wenn ich etwas mache auf einem Hof und obwohl ich die meisten Arbeiten beherrsche, ist es meist für die Kamera.
Worauf achten Sie beim Einkaufen?
Ich kaufe fast alles im Chäslädeli, was teilweise auch meiner Faulheit geschuldet ist. Dort stammen alle Produkte von lokalen Bauern. Ich würde mich schon lange gerne in diese Richtung engagieren, aber mir fehlt das kaufmännische Gen. Ich frage mich, warum es nicht schon lange Max-Havelaar-Milch gibt. Ich will, dass meine Bauern 80 Rappen für die Milch bekommen, nicht wie heute 65 oder noch tiefer. Ich finde, wenn die Leute Schokolade kaufen, damit Kakaobauern einen richtigen Lohn bekommen und deren Gofen in die Schule gehen können, wäre es auch angebracht, für Schweizer Milch einen fairen Preis zu zahlen. Auch Leute, die einerseits «Bauer, ledig, sucht» schauen, aber fürs Einkaufen über die Grenze fahren, haben ganz viel nicht verstanden.
In Deutschland wurde kürzlich die «Ehe für alle» eingeführt. Würden Sie Ihren Mann noch einmal «richtig» heiraten, wenn das in der Schweiz statt einer eingetragenen Partnerschaft möglich wäre?
Vielleicht, wenn es unser Beziehungsjubiläum wäre. Für uns war die Hochzeit schön, aber irgendwie auch ein Stress. Wir haben gesagt, wir würden nur noch die Leute einladen, mit denen wir seither regelmässig Kontakt hatten. Ich wäre gespannt, ob wir noch auf 130 kämen. Aber ich will richtig heiraten können. Ich sehe meinen Schwulen-Bonus nämlich nirgends. Wenn ich gleich viel Steuern zahle, will ich auch die gleichen Rechte haben wie alle anderen.
Interview Jeanne Woodtli