Motorengeräusche ertönen, der Ausblick führt aus einem Mähdrescher heraus auf ein Weizenfeld, eine Handbewegung, und die Fahrt geht los. Ganz ohne Führerschein, schon ab 8 Jahren. Ein Computerspiel macht es möglich.


Zwei Millionen Mal ist er mittlerweile verkauft worden. Der Landwirtschafts-Simulator. Der Jungunternehmer Stefan Geiger und sein Team hatten den richtigen Riecher.


Stefan Geiger studierte noch an der ETH Informatik und hatte schon jahrelange Game-Entwicklungserfahrung, da kam ein Freund auf ihn zu mit der Bitte, eine realistische Simulation eines Mähdreschers zu kreieren. Zwei Jahre lang dauerte der Prozess. Hersteller von Landmaschinen wurden kontaktiert für detaillierte Informationen zu den einzelnen Maschinen. Grubber, Kipper, Sämaschinen, verschiedene Erntemaschinen, ein ganzer Maschinenpark, Gebäude und Felder wurden in der digitalen Version gebaut und mit Eigenschaften versehen.

Die erste Landmaschinenmarke, die kooperativ wirkte, war Fendt. Mittlerweile sind 40 lizenzierte Marken im Spiel enthalten. Darunter namhafte Hersteller wie New Holland, Case IH, Deutz-Fahr oder Ponsse. Mit John Deere steht Geiger gerade noch in Verhandlung.


Von null auf hundert in den Ranglisten


2008 wurde das Spiel veröffentlicht und war seither immer wieder ganz vorne bei den Verkaufscharts mit dabei. 2009 war es zum Beispiel das meistverkaufte PC-Spiel in Deutschland. Geiger und sein Team hatten mit dem Spiel voll ins Schwarze getroffen. «Die meisten von uns spielen in der Kindheit mit Traktoren, die ganz kleinen Modell-Traktoren oder diejenigen aus Plastik mit Pedalen. Doch nur wenige haben die Gelegenheit, mit richtigen Landmaschinen umgehen zu können», erklärt Stefan Geiger den Erfolg. Mit dem Simulator kann man Bauer spielen. Je nach Budget, kann auch ein Simulationslenkrad mit Pedalen zugezogen werden, damit das Ganze noch gefühlsechter ist.

Die erste Version bot die Gelegenheit, Ackerbau zu betreiben. Zwei Jahre später konnten auch Tiere gehalten und deren Produkte verkauft werden. Dabei besteht zumindest ansatzweise auch ein betrieblicher Kreislauf. Die Streu im Kuhstall und das Futter können auf den eigenen Feldern produziert werden. Die Gülle dient als Dünger.

Fast wie ein echter Bauernhof

Dabei sind die mechanischen  Funktionen wie im echten Leben. Auch das Getreide wächst manchmal besser und manchmal schlechter, die Grössenverhältnisse stimmen mit der Realität überein.

Auf die Frage, ob eine Fruchtfolge eingehalten werden muss, schüttelt Stefan Geiger den Kopf. Leider sei dafür zu wenig Speicherplatz vorhanden, und das Spiel werde zu komplex. Auch Bodenverdichtung je nach Maschinengrösse, mit der befahren wird, oder Veränderung der Bodenfruchtbarkeit aufgrund von Buntbrachen würden die Leistung des Spiels übersteigen, räumt Geiger ein.

Eine aktive Fan-Gemeinschaft

Die Klientel, die den Landwirtschafts-Simulator spielt, besteht zu einem grossen Teil aus zirka 10-jährigen Jungs. «Nachdem sie im Sandkasten mit dem Traktor gespielt haben, wollen sie einen Schritt weitergehen», so Geiger. Eltern kaufen den Kindern das Spiel, weil es kein Ego­shooter-Game ist, sondern im Gegenteil eher ein langsames Vorgehen erfordert. Mit Präzision und strategischen Entscheiden. Aber auch Fans von landwirtschaftlichen Maschinen und Simulationen finden grossen Spass daran.


Der Landwirtschafts-Simulator 2015, der Ende 2014 herausgegeben wurde, kann nun auch Forstwirtschaft simulieren. Und bereits ist Stefan Geiger daran, eine weitere Version zu entwickeln. Dazu ist er über das spieleigene Forum stetig in Kontakt mit den Usern. Die bereits eine Community gebildet haben. Also eine Gemeinschaft von Spielern, die sich stetig austauscht.

Die Fans entwickeln das Spiel selber weiter


Einige haben sogar das Spiel selbst erweitert. Versierte Programmierer können das, wenn die Herausgeber den Quelltext des Spiels zur Verfügung stellen. Diesen Quelltext können die Fans bearbeiten, und so können nun gewisse Spieler auch Pestizide einsetzen oder gar mit einem Flugzeug über den Feldern versprühen. Modding nennt man das, wenn Kunden von Games eigene Erweiterungen machen.

Der 28-jährige Stefan Geiger hat 2008 die Firma Giants Software gegründet und hat mittlerweile 16 Mitarbeiter, die mit ihm zusammen am Landwirtschafts-Simulator oder weiteren Spielen arbeiten und immer neue Möglichkeiten eröffnen. Damit es den Spielern nie langweilig wird.

Nadine Baumgartner