Beinahe täglich hört man in den Medien vom Bauernsterben oder wie schlecht es den Bauern geht. Unbestritten sind die Anforderungen für das Überleben eines Landwirtschaftbetriebs gestiegen: Die Märkte öffnen sich mehr und mehr. Der Druck auf die Preise steigt. Zusätzlich müssen Landwirte in der Schweiz auch den Wünschen der Gesellschaft nach mehr Ökologie und Nachhaltigkeit nachkommen. 

Die Abnehmer haben derweil immer höhere Ansprüche an die Qualität der Produkte. Und gleichzeitig verbieten sie den Einsatz von gewissen Produktionsmitteln, die den wirtschaftlichen Anbau ermöglichen. Die Landwirte müssen ihre Produkte heute entweder selber zu sinkenden Preisen am Markt absetzen können oder sind in Produktionsketten mit wenig unternehmerischem Spielraum integriert. Dass sich daran in näherer Zukunft nichts ändert, darüber muss man nicht diskutieren. 

Undiskutabel ist auch, dass für diese Herausforderungen eine ausgezeichnete Ausbildung notwendig ist. Diskutieren kann man aber darüber, ob die Ausbildung der Landwirte diesen Anforderungen entspricht. Heute muss ein Bauer ein Unternehmer sein. In der dreijährigen Grundausbildung sind aber Buchhaltung, Marketing und Betriebsführung nur ein kleiner Bestandteil. Ist der Rucksack des frischgebackenen Landwirts nun gut genug, um einen Betrieb selber zu führen? Denn ab Betriebsübernahme muss er strategische Entscheidungen fällen können und ist selber verantwortlich für den Erfolg seines Betriebs. 

Bedenken ob ein Lehrabschluss für diese Aufgaben genügt, hat man offenbar auch beim Bund. Aktuell wurde im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zum Landwirtschaftlichen Verordnungspaket 2017 die Ausbildung thematisiert. Der Bund will die Betriebsleiterschule (BLS) als Grundbedingung für die Auszahlung von Investitionskrediten (IK) und Starthilfe voraussetzen. 

Die Befürworter argumentieren damit, dass eine bessere Ausbildung Landwirte besser für die Zukunft wappnet. Und dass sie das Geld lieber denjenigen Bauern geben, welche die besseren Chancen haben, ihren Betrieb erfolgreich zu führen. Die Vertreter der Branche sind da aber anderer Meinung. Für sie ist eine gute Ausbildung zwar wichtig, doch sie finden es nicht richtig, diese gesetzlich vorzuschreiben.

Diese Kritik ist durchaus berechtigt. Heute erfolgt der Zugang zum Wissen über verschiedenste Kanäle. Es gibt nicht nur den einen Weg. Zu erwähnen ist hier zunächst die digitale Umwälzung, welche die Gesellschaft prägt. Bildung beginnt heute häufig mit einer Frage, die man ins Suchfeld von Google tippt. Auf unzähligen Seiten und Foren stehen heute Unmassen von Informationen zu jedem x-beliebigen Thema zur Verfügung. Auf Youtube zum Beispiel finden sich Videoanleitungen und Lernvideos für jede Lebenslage, vom Schminktipp bis zur Einstellung der Sämaschine. 

Ebenso vielfältig ist das Weiterbildungsangebot, das sich längst nicht mehr auf die Landwirtschaftsschulen beschränkt. Mann und Frau können heute zu den meisten Themen genau das auswählen, was sie spezifisch betrifft oder interessiert und schneidern so ihre Ausbildung nach Mass.

Zurück zur geplanten BLS-Vorschrift. Ist diese heute noch zeitgemäss? Genauso wie sich die Herausforderungen für die jungen Landwirte verändern, sollte sich doch auch die Ausbildung an sie anpassen. Tut sie das? Entsprechen die Weiterbildungsangebote der Bildungszentren noch den Bedürfnissen der Auszubildenden? Diese Fragen drängen sich auf, wenn man sieht, dass etwa die Anzahl der Meisterdiplome von 425 im Jahr 1990 auf knapp 100 im vergangenen Jahr gesunken ist. Das ist ein Rückgang von über 75 Prozent. 

Die Gründe dafür können vielfältig sein. Einer davon ist neben dem Strukturwandel wohl die lange Dauer der Ausbildung. Allein die BLS verlangt bis zur Berufsprüfung 85 bis 95 Kurstage. Für einen Landwirt sind diese Kurstage kostspielig, fehlt er doch derweil auch auf dem Betrieb oder muss eine Vertretung für die Schulzeit organisieren. Da fragt sich vielleicht manch einer, ob ihm die BLS wirklich so viel wert ist. 

Angesichts dieser Ausgangslage ist die BLS-Vorschrift für Starthilfe und IK zu stur. Damit sich der Landwirt als erfolgreicher Unternehmer entwickeln kann, braucht er die Freiheit, aus dem vielfältigen Bildungsangebot das auszuwählen, was ihm persönlich weiterhilft.

jba