Wir essen zu viel Fleisch

Eine repräsentative Studie der zhaw zeigt, dass die Schweizer zu viel Fleisch und Süsses, dafür zu wenig Milch- und Milchprodukte sowie Gemüse und Früchte essen. Der Fleischkonsum ist mit 51 kg pro Person und Jahr mehr als doppelt so hoch wie die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. «Der hohe Fleischkonsum hat negative Folgen für die Umwelt und für unsere Gesundheit», sagte Christine Brombach und ergänzte, dass 28 Prozent der Umweltbelastung aufs Konto der Ernährung gehen.

Tierische Produkte haben eine schlechte Ökobilanz, unter anderem wegen des hohen Wasserverbrauchs. «Aber», so die Referentin, «die Ökobilanz von Schweizer Erzeugnissen lässt sich nicht mit ausländischen Produkten vergleichen.» Ausserdem seien Tiere für die Landwirtschaft unverzichtbar, Stichworte Kreislaufmodell und Flächennutzung. «Damit wir den Bedarf an Fleisch und tierischen Produkten decken können, brauchen wir Tiere. Fleisch ist ein wertvolles Lebensmittel. Die konsumierte Menge ist entscheidend.»

Vorsicht bei «frei von»-Labeln

Christine Brombach sprach in ihrem Referat den «frei von»-Trend an und pickte als Beispiel die Zöliakie heraus. Das ist eine Unverträglichkeit des im Getreide enthaltenen Klebereiweisses (Gluten). Glutenfreie Produkte sind eine Hilfe für Menschen, die an Zöliakie leiden. In Europa ist etwa 1 Prozent der Bevölkerung betroffen.

Der Markt hat diese Nische entdeckt und versucht, damit Profit zu machen. Die Botschaft: Wer sich glutenfrei ernährt, lebt gesünder. «Der Konsument wird damit in die Irre geführt», findet Brombach. Denn glutenfreie Lebensmittel sind nicht nur teurer, sondern auch meist hochverarbeitete Produkte. Das bedeutet weniger Proteine und Nahrungsfasern, dafür mehr Fett und Zucker. Aber viele machen mit und folgen diesem Trend.

Vegetarismus ist eine Lebenseinstellung

Im Moment sind 5 Prozent der Schweizer Bevölkerung Vegetarier. «Vegetarier ernähren sich meist gesünder. Das hat vor allem mit ihrer Lebenseinstellung zu tun. Sie bewegen sich mehr und rauchen weniger», führte Christine Brombach aus. Beim Vegetarismus (Verzicht auf Produkte von getöteten Tieren) gibt es aber ganz viele Unterformen wie Flexitarier (isst ein- bis zweimal wöchentlich Fleisch) oder Veganer (Verzicht auf sämtliche tierische Produkte).

Weil Veganer komplett auf tierische Produkte verzichten, fehlen ihnen wichtige Vitamine und Mineralstoffe. Solche Mängel können Wachstumsstörungen verursachen. Das ist gerade bei Kindern gefährlich, weil die Schäden irreparabel sind. «Viele vegane Produkte, die man in den Läden kaufen kann, sind hochverarbeitet oder werden importiert. Man kann sich fragen, ob das ‹gesünder› ist», sagte die Referentin.

Schweizer bleiben Fleisch-Esser

Auf die Frage aus dem Publikum, wie es denn mit der Ernährung in 20 Jahren aussehe und ob ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung sich vegetarisch ernähre, antwortete Brombach: «Das Essverhalten ist eine der stabilsten Verhaltensweisen des Menschen. Essgewohnheiten lassen sich nicht einfach so ändern.»

Eine vegetarische Schweiz kann sich die Referentin nicht vorstellen, rein schon nicht wegen der konservativen Esskultur und weil es in der Landwirtschaft Tiere braucht. Die Anzahl Vegetarier werde höchstens auf 10 Prozent der Bevölkerung ansteigen, glaubt sie. Aber der Fleischkonsum werde in den nächsten Jahren sicher sinken, aus ökologischen und ethischen Gründen, nicht zuletzt aber auch, weil Fleisch teuer ist.

Stefanie Giger