Ganz grosse Träume hat Elisabeth Jordi nicht. «Ich wünsche mir aber, dass wir gesund und zufrieden sein dürfen. Ebenfalls wäre es schön, wenn wir weiterhin ein gutes Verhältnis mit den Hofnachfolgern haben», meint die 53-Jährige. Elisabeth Jordi bezeichnet sich selber als ein wenig «harmoniesüchtig». Dies ist aber verständlich, wenn man ihre bewegte und aktive Lebensgeschichte kennt.
Der Betrieb, wo Elisabeth Jordi heute ein Teil ihres Wirkungsfeldes hat, ist zugleich auch ihr Elternhaus. Als Älteste von drei Mädchen verbrachte sie im grossen Riegbauernhaus (Anm. d. Red.: Berner Riegelhaus mit Rundbogen), mitten im schon leicht städtischen Dorf Urtenen BE, ihre Kindheit. Nach der Schulzeit folgte ein bäuerliches Haushaltlehrjahr in der Französisch sprechenden Schweiz.
Wertvolle Kontakte
In ihrer Lehrzeit als Koch festigte Elisabeth Jordi ihre Liebe zur feinen Küche. Nach ihrer Heirat 1989 entstand mit der Geburt von Sohn Beat 1990 und zwei Jahre später mit der Tochter Claudia eine junge Familie. Die Ehe zerbrach 1999 und Elisabeth Jordi richtete sich beruflich neu aus. Berufsbegleitend absolvierte sie am Inforama Emmental in Bärau BE die Ausbildung zur Landwirtin mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ). «Es hat damals alles gepasst. Die Schultage waren Montag und Donnerstag, tangierten so den freien Schulnachmittag meiner Kinder nicht. Auch die Backtage für den Hofladen waren frei». Sie war die einzige Frau in der Klasse, aber sehr gut integriert. Die wertvollen Kontakte sind ihr teilweise bis heute erhalten geblieben. Als die Landwirtin den elterlichen Betrieb im Jahre 2005 übernahm, spielte bereits auch ihr neuer Partner Adrian Jordi eine wichtige Rolle in ihrem Leben. 2007 heiratete das Paar. Elisabeth und Adrian Jordi steckten von da an viel Energie in den Landwirtschaftsbetrieb und probierten ihn stets zu vergrössern und zu erneuern. Zu den eigenen 16 Hektaren Land konnten noch acht weitere dazugekauft werden, 12 Hektaren sind gepachtet. Zudem wurde der Maschinenpark auf den neusten Stand gebracht. Neuerungen, Änderungen und Investitionen gab und gibt es seither immer wieder. Arbeitete zuerst der Ehemann noch auswärts, änderte sich dies, als Elisabeth Jordi 2011 den Grundpflegekurs des Schweizerischen Roten Kreuzes absolvierte.
Gefallen an der Vielseitigkeit
Seit fünf Jahren ist Elisabeth Jordi nun zu rund fünfzig Prozent im Pflegebereich tätig. Die Stiftung Haus Serena in Schönbühl, bestehend aus dem Haus Serena und der Wohngruppe Längenrüpp, bietet Menschen mit einer Demenzkrankheit einen angemessenen Wohn- und Lebensraum. «Ich habe drei ganz verschiedene Berufe und in jedem bin ich heute noch tätig. Diese Vielseitigkeit gefällt mir.» Die Arbeit mit demenzkranken Menschen sei sehr dankbar. Aber zum Ausgleich sei sie gerne in der Landwirtschaft tätig, stellt die aktive Bäuerin fest. Zu ihren Arbeiten auf dem Betrieb gehören die Buchhaltung sowie alle anfallenden Aufzeichnungen für ÖLN, Swiss-GAP und anderes mehr. Ebenso verrichtet sie die Stallarbeiten gerne. «Der Ausgleich mit Erde, Tieren, Büro, Haushalt, Pflege der demenzkranken Menschen, dies alles erfüllt und bereichert mein Leben», stellt Elisabeth Jordi
klar fest.
Das grosse Steckenpferd von Adrian Jordi sind die Ackerkulturen. Mit je fünf Hektaren Raps und Zuckerrüben, sechs Hektaren Kartoffeln, Getreide, Mais und Futterbau ist der Betrieb sehr vielseitig. Die Kartoffeln sind mit ein Grund, weshalb Elisabeth Jordi ihren Garten aufgegeben hat. Ab Mitte Juli fehlte ihr immer die nötige Zeit zur Pflege, zudem braucht es im Zweipersonenhaushalt weniger Gemüse.
Die Bäuerin ist aber gerne kreativ tätig. So sind im und ums Haus diverse alte Möbelstücke zu bewundern, die durch Elisabeth Jordis Behandlungen schön und edel geworden sind. In Kursen lernte die aktive «Handwerkerin» mit schönen Stoffen das Quillten. Die Stoffresten werden zu praktischen Decken verarbeitet und diese wärmen die Bewohnenden im «Serena». Zudem entstehen aus Wollknäueln praktische, warme Mützen für die Ostmission.
Neuer Stall für Mütterkühe
Ein grosses Projekt beschäftigt im Moment das Ehepaar Jordi ganz stark. Wegen des zentralen Standorts im Dorf war eine tiergerechte Milchproduktion fast nicht mehr möglich. Im Rahmen eines Neubaus wurden das Ökonomiegebäude und der Stall, ausgerichtet für 50 Mutterkühe, ausgesiedelt. Seit Dezember 2016 sind keine Milchkühe mehr auf dem Hof, und Jordis haben mit der Mutterkuhhaltung bereits erste Erfahrungen gesammelt. Die neue Ausrichtung geschah auch im Hinblick auf die Betriebsnachfolge durch den Sohn, der ebenfalls die Ausbildung zum Landwirt EFZ hat.
Am 9. und 10. September findet ein «Tag der offenen Tür» im neuen Mutterkuhstall statt. «Damit wollen wir der Bevölkerung zeigen, dass mit dem Blick auf die Zukunft Neues entstehen kann. Zudem sollen alle Interessierten auch Ideen für eigene Projekte finden», meint Elisabeth Jordi. Die aktive «Allroundfrau» findet ihre Ideen tagtäglich immer wieder an verschiedenen Orten. Auch wenn es nach dem Auszug der Kinder im Bauernhaus leer wurde, sind bereits Pläne da, wie es wieder gefüllt wird. Doch diese sind noch nicht ganz spruchreif. Dankbar weiss Elisabeth Jordi ihre Freiräume zu schätzen, sowie vor allem, dass sie und ihr Mann sich einer guten Gesundheit erfreuen dürfen.
Barbara Heiniger