Der Hof Bärlischwand liegt idyllisch zwischen sanften Hügeln, näher dem Weiler Sitzberg als dem Dorf Bichelsee. Die 70 Diepholzer Weidegänse vergnügen sich im saftigen Grün, die beiden Haushunde verschlafen den Nachmittag, ein paar Katzen schauen gewundrig, was sich auf dem Hof tut. Gestern Abend sei die erste Online-Bestellung reingekommen, erzählt der 56-jährige Hans Feuz, der sich mit seiner Frau Ursula (55) Zeit nimmt für das Gespräch.
Kräuterfleisch im Angebot
Kräuterfleisch heisst das neue Angebot, das die beiden seit kurzem auf ihrer Website zum Kauf anbieten. Die Frage, ob es sich dabei um mit Kräutern mariniertes Fleisch handle, verneinen beide energisch. «Um Gottes Willen, nein», sagt Hans Feuz und lacht. «Wir füttern unseren Sauen eine Kräutermischung nach einem Geheimrezept der Futtermühle Kunz Kunath», erklärt der Landwirt. In einem Inserat in der landwirtschaftlichen Presse sei er auf die Möglichkeit gestossen, bei dieser Spezialitätenfütterung mitzumachen.
Seine umfangreichen Abklärungen verliefen positiv, und bereits nach dem ersten Probieren des Kräuterfleisches merkten Hans und Ursula Feuz sofort, wie gut ihnen das Fleisch schmeckt.
Homöopathisch unterwegs
Auf dem Hof Feuz war man sich einig: «Da machen wir mit.» Den Grundstock legte Hans Feuz bereits vor Jahren, als er aus der konventionellen Schweinezucht ausstieg und seinen Bestand auf zehn bis 15 Muttersauen reduzierte. Seither werden alle Ferkel auf dem Hof gemästet und ab Hof verkauft. Seit 2004 versucht die Familie Feuz, mit möglichst wenig Antibiotika auszukommen. Der Besuch eines Homöopathiekurses brachte dann die endgültige Abkehr von den Antibiotika.
Ein paar Jahre später hielten die ersten Diepholzer Weidegänse Einzug auf dem zwölf Hektaren grossen Betrieb; heute leben gut 70 Stück der weissen Prachts-tiere auf dem Bärlischwand.
Nur nachts im Stall
Auch rund 30 Hühner fristen ein ruhiges Dasein, picken die Körner auf der Weide und gehen nur nachts zum Schutz vor Raubtieren in den Stall. Sie werden als Legehennen genutzt wie auch als Suppenhühner verkauft.
Schliesslich leben ebenso eine ganze Menge Kaninchen auf dem Hof, die tagsüber draussen auf der Wiese sind. Auch sie werden zum Kauf angeboten.
Im Internet angekommen
Mit dem Einstieg in den Kräuterfleischhandel hat die Familie Feuz nun auch den Online-Verkauf lanciert, zudem verkauft sie einmal monatlich ihre Produkte am Genussmarkt in Rorschach.
Der verantwortliche Kopf hinter dem patentierten Label Kräuterfleisch gehört Werner Reutegger. Er arbeitet freischaffend im Aussendienst der Kunz Kunath AG und hat neben dem Kräuterfleisch noch andere heisse Eisen im Feuer. «Ein Tausendsassa, der auf vielen Hochzeiten tanzt», sagt er von sich selbst. Länger schon habe er als passionierter Fleischesser gemerkt, dass das Schweinefleisch je länger je mehr an Akzeptanz bei der Konsumentenschaft verliere. Durch zahlreiche Gespräche mit der Futtermühle, mit Produzenten, Verarbeitern und Vermarktern sei ihm klar geworden, dass man etwas machen müsse, um das Image des Schweinefleisches zu verbessern.
Erste Versuchssauen
Die Futtermühle hat dann eine Kräutermischung hergestellt und er als ehemaliger Landwirt ein paar Sauen gekauft und diese mit der Kräutermischung gemästet. Das Fleisch wurde schliesslich von der Familie, von Freunden und Bekannten degustiert. Werner Reutegger hat ein paar ausgewählte Restaurants beliefert und die Mühle war für Blinddegustationen verantwortlich. Die Reaktionen waren überall dieselben: «Das Fleisch hat den Probanden ausgezeichnet geschmeckt.» Diese hätten sofort einen Unterschied zu normalem Schweinefleisch ausmachen können.
Schlachtbetrieb gefunden
Als man mit der Lucarna Macana AG in Hinwil auch einen Schlacht- und Vertriebspartner fand, lief das Geschäft richtig gut an. Heute werden wöchentlich bereits 200 «Kräuterschweine» von insgesamt acht Produzenten aus der Ostschweiz und aus dem Kanton Bern vermarktet. Abnehmer seien meist Privatmetzgereien und Gastrobetriebe. Hans Feuz ist bislang der einzige Direktvermarktungsbetrieb, der das Kräuterfleisch anbietet. Ob dem noch lange so ist, bleibt offen. Denn weitere Produzenten wie auch Abnehmer werden gesucht.
Ruth Bossert