«Wir haben gar nichts zu verstecken,» kommentiert 
der Präsident von Mutterkuh Schweiz, Corsin Farrér, am Donnerstag dieser Woche. Der Grund sind kritische Fragen, die eine Woche vorher an der Regionaltagung in Zollikofen BE zum Projekt «Baltic Grassland Beef» (BGB - siehe Kasten) und in einem Brief zur Geschäftsführung von Mutterkuh Schweiz gestellt wurden.


Baltic Grassland Beef bringe keine zusätzlichen Importe


BGB werde hauptsächlich von Coop finanziert, erklärt der Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz, Urs Vogt, auf Anfrage. «Mutterkuh Schweiz beteiligt sich als Zeichen der Partnerschaft», erklärt er. Zusätzlich konnten dank diesem Projekt  rund Hundert Zuchttiere exportiert werden, nicht zu vergessen sei, dass Coop letztes Jahr das Fleisch von 47 00 Tieren von Mutterkuhhaltern vermarktet habe, erinnert sich Vogt, und er betont: «Es ist geschickt, solche Partnerschaften auf strategischer Ebenen zu pflegen.»

Keine Vermischung mit Natura-Beef oder Natura-Veal


Ziel von Coop sei es, aus ökologischen Gründen vermehrt Edelstücke nicht aus Südamerika, sondern aus näher liegenden Ländern zu importieren.


Eine Zunahme der Fleischimporte in die Schweiz würde damit nicht ausgelöst, denn alles Fleisch müsse über die bestehenden Importkontingente und mit den existierenden Zöllen eingeführt werden.

«Eine Vermischung mit unseren Marken findet nicht statt», betont Vogt, denn Importfleisch sei nicht mit Natura-Beef oder Natura-Veal vergleichbar. «Wir haben unsere Mitglieder laufend über das Projekt BGB informiert», schliesst Vogt.

Zusätzliche Unruhe in den Vorstand brachte ein Schreiben von drei Mitgliedern, welches die Geschäftsführung und die Organisation von Mutterkuh Schweiz arg kritisierte und der Zeitung «Schweizer Bauer» zugespielt wurde.


Kritik von Mitgliedern an der Geschäftsstelle in Brugg


Martin Eichenberger, Mitglied Strategischer Beirat von Mutterkuh Schweiz, Verena Schindler, Präsidentin Swiss Limousin, und Urban Dörig, Präsident Swiss Angus, kritisieren die Geschäftsstelle von Mutterkuh Schweiz wie folgt im Schreiben:

  • Es fehlt ein Organigramm der Geschäftsstelle in Bezug auf Finanzen und Stellvertretung auf allen Stufen.
  • Es fehlt ein autonomer Bereich Vermarktung und Labelprogramme.
  • 25'000 Franken wurden an Externe bezahlt, ohne den Vorstand zu informieren.
  • Es gab Lieferungen von zu alten Natura-Beef oder von Tieren aus nicht labelkonformen Betrieben.
  • Der Vorstand plane, das neue Bundesprogramm «Graslandbasiere Milch- und Fleischproduktion GMF» ohne Rücksprache in die Richtlinien aufzunehmen.


Noch weitere Vorwürfe werden aufgezählt. Als Fazit fordern die drei Verfasser, dass der Vorstand von Mutterkuh Schweiz eine unabhängige Kommission beauftragen müsse, «um die Fragen komplett und mit aller Konsequenz» zu klären.


Vorstand vertraut der Geschäftsstelle


An der Sitzung des Vorstands vom Dienstag und Mittwoch dieser Woche waren unter anderem auch diese Vorwürfe ein Thema. In einer Medienmitteilung schreibt Mutterkuh Schweiz dazu. «Der Vorstand von Mutterkuh Schweiz spricht der

Geschäftsführung sein volles Vertrauen aus. Um sicherzustellen, dass Mutterkuh Schweiz für die Zukunft fit ist, will er die Strukturen und Prozesse von einer unabhängigen Unternehmensberatungsstelle überprüfen lassen.»

Weiter heisst es: «Die Geschäftsstelle arbeitet erfolgreich, gemäss den Vorgaben des Vorstands und innerhalb des Budgets. Es sind keine Kompetenzüberschreitungen vorgekommen.»


Das Geschäft mit Natura-Beef und Swiss-Prim-Beef läuft sehr gut


Dass die Idee der Mutterkuhhaltung in der Schweiz an und für sich eine Erfolgsgeschichte sei, geben auch die drei Kritiker und Unterzeichner des Schreibens zu. «Damit  das auch weiterhin so bleibt», verlangen sie Anpassungen.


In der Medienmitteilung wird die gegenwärtig gute Marktlage für die Marken von Mutterkuh Schweiz hervorgehoben: «Mutterkuhhalter in der Schweiz dürfen sich momentan über eine sehr gute Marktlage freuen. Es gilt alles daranzusetzen, dass die Erfolgsgeschichte von Mutterkuh Schweiz weitergeführt werden kann. Damit die Verantwortung für die Vermarktung von über 50'000 Tieren pro Jahr wahrgenommen werden kann, ist ein gezielter Ressourceneinsatz erforderlich.»


«Wir haben nichts zu ver
stecken», bekräftigt der Präsident von Mutterkuh Schweiz, Corsin Farrér, gegenüber der «BauernZeitung»am Telefon. Bei mehreren Tausend Mitgliedern seien nicht alle immer gleicher Meinung und er stellt klar: 
«Mutterkuh Schweiz ist grösser geworden, und es ist Zeit, 
die interne Organisation zu prüfen.»

Hans Rüssli